Schweiz. (Juni 3.) 333
pflege vom 27. August 1851, lautend: „Stimmen Untersuchungsrichter und
Bundesanwalt in dieser Ansicht zusammen, so kann bei gemeinen Vergehen
die Verfolgung sofort aufgegeben werden; bei politischen Vergehen ist die
Weisung des Bundesrats einzuholen;" in Betracht, daß gegen keines der
vorgenannten 21 Individuen ein genügender Beweis dafür vorliegt, daß es
an einem unter das Bundesstrafrecht fallenden Vergehen teilgenommen; daß
aber alle an den Umtrieben der anarchistischen Gruppe, welche den gewalt-
samen Umsturz der bestehenden Ordnung bezweckt und Diebstahl, Brandstif-
tung und Mord als erlaubte Mittel hiezu proklamiert, in thätiger Weise
sich beteiligt haben; in Betracht, daß diese 21 Ausländer denjenigen ihrer
Genossen, welche derartige Verbrechen begangen haben, hiefür Beifall zollten;
daß sie Schriften verbreitet haben, durch welche solche Mörder belobt und
als Vorbilder dargestellt wurden, sowie, daß sie in den anarchistischen Zu-
sammenkünften zur Nachahmung aufreizten; in Betracht, daß die öffentliche
Sicherheit die Ausweisung dieser gefährlichen Individuen erheischt; auf den
Antrag des Bundesanwaltes und in Anwendung von Art. 70 der Bundes-
verfassung — beschließt: 1) Der Bundesrat erklärt sich damit einverstanden,
daß die strafrechtliche Verfolgung gegen die obgenannten 21 Ausländer fallen
gelassen werde; er verfügt aber deren Ausweisung aus dem schweizerischen
Gebiete. 2) Die Regierungen der Kantone Zürich, Bern, Luzern, Schaff-
hausen, St. Gallen, Thurgau und Waadt, sowie derjenigen Kantone, auf
deren Gebiet eines dieser Individuen betreten werden sollte, sind mit der
Vollziehung gegenwärtigen Beschlusses beauftragt und haben dem eidgenössi-
schen Justiz= und Polizeidepartement über dieselbe Bericht zu erstatten. Bern,
den 3. Juni 1885.“
3. Juni. (Banknotenmonopol.) Der Nationalrat lehnt
den Antrag auf Gründung einer Bundesbank und Einführung des
Banknotenmonopols für den Bund mit 71 gegen 43 Stimmen ab.
3. Juni. (Verfassungsrevision.) Der Bundesrat erklärt
sich für eine Revision der Verfassung in folgenden Punkten:
über den Antrag, der Bundesrat solle prüfen, ob eine Revision der Ver-
fassung überhaupt zu beschließen und auf welche Artikel dieselbe auszudehnen
sei, hat der Bundesrat seine Ansicht dahin ausgesprochen, daß sie auf die
notwendigsten und dringendsten Fragen zu beschränken sei und es angemessen
erscheine, den eidgenössischen Räten successive Bericht abzustatten und Vor-
schläge zu machen. Den Antrag auf eine neue Wahlkreiseinteilung, welche
soweit als möglich auf dem Grundsatz proportionaler Vertretung basiert, be-
antwortet der Bundesrat dahin, daß die Wahlkreiseinteilung nicht in die
Verfassung gehöre, sondern dem Gesetze vorbehalten bleiben müsse. Auch
findet er die gegenwärtigen Bestimmungen den Verhältnissen entsprechend,
daher von ihrer Revision Umgang zu nehmen sei. Betreffend die Anträge
auf Erweiterung der Rechte des Volkes bezüglich seiner Mitwirkung in
Fragen der Bundesverfassung, der Bundesgesetzgebung und der Bundesbe-
schlüsse glaubt der Bundesrat, daß für den Artikel 89, welcher die Anwen-
dung des Referendums normiert, eine präzisere und rationellere Fassung zu
suchen sei. Ebenso hat er die Frage der Einführung des Rechtes der Initia-
tive für die Gesetzgebung und für die Anregung einer Partialrevision seiner-
seits als erheblich erklärt. Was den Antrag auf Revision des Art.
sogenannten Schulartikels, betrifft, so ist der Bundesrat der Ansiel
Frage, ob die Gewährleistung der Lehrfreiheit in die Bundesver
zunehmen und die Kantonalsouveränetät nach dieser Richtung ½