346 Dãnemark. (März 19.)
Streit hat jede nützliche gesetzgebende Arbeit gehemmt und die Gesellschaft mit
einem Geiste des Hasses und der Bitterkeit durchdrungen, den jeder Vater-
landsfreund tief beklagen muß. Es ist keine Hoffnung da, daß dieses Ver-
hältnis zwischen dem Folkething und dem Ministerium geändert werden kann.
Unter der herrschenden Stimmung wird jede neue Sache zu einem Gegen-
stande des Zwistes, und nicht nur wird eine Entscheidung für jetzt varhin-
dert, sondern jede künftige Lösung wird auch erschwert. Mit einer Regierung,
die den Willen und die Fähigkeit hat, mit dem Reichstage zu arbeiten, und
die es vermag, den zusammenstimmenden Beschluß aller Staatsfaktoren her-
vorzurufen, die zu jedem Gesetze und zu jeder Bewilligung nötig ist, ist das
Folkething bereit zu verhandeln. Das Thing will, um einen Erfolg in den
jetzt so viele Jahre angehäuften Gesetzgebungsarbeiten zu erzielen, soweit ent-
gegenkommen, als seine Uberzeugung von dem Bedürfnisse des Vaterlandes,
dem Vermögen der Staatskasse und dem Rechte des Volkes es erlaubt.
Große Aufgaben, die bisher durch den politischen Konflikt gehemmt worden,
warten ihrer Lösung, und eine fruchtbare, erfolgreiche Thätigkeit steht einer
Regierung offen, welche der Lage gewachsen ist und den Anschluß des Reichs-
tages gewinnen kann. Majestät! In einem bedeutungsvollen Augenblick,
an einem Wendepunkte des Lebens des Volkes und der Regierung Ew. Ma-
jestät, auf dem Scheidewege, wo eine Wahl getroffen werden muß, richten
wir diese Worte an den Träger der Krone. Es beruht auf dem Beschlusse
Ew. Majestät, ob wir jetzt einen neuen Abschnitt des politischen Kampfes
eröffnen, leidenschaftlicher und gefährlicher als einer, den wir bisher gekannt,
in dem die Gebote der Verfassung verzerrt und verdreht werden sollen durch
sophistische Erklärungen, sofern man sich nicht erdreistet, sie offen zur Seite
zu setzen, in welchem die eine Ausschreitung die andere hervorrufen wird,
und in welchem die Kräfte unsers kleinen Landes durch einen verzehrenden
Bürgerkrieg aufgerieben werden, oder ob die Geschichte von diesem Augenblick
an, da die Gefahr am größten war, eine Periode wird rechnen können voll
nützlicher, einiger Arbeit zum Wohle des Vaterlandes und des Volkes, unter
Beobachtung des Grundgesetzes in Geist und Wahrheit, in welchem Ew. Ma-
jestät und wir durch unsern abgelegten Eid die unantastbare Grundlage der
politischen Freiheit des dänischen Volkes anerkannt haben. Es ist unsere
tröstende Hoffnung, daß in dieser Wahl die Weisheit des Königs mit den
Wünschen des Volkes zusammentreffen möge.
19. März. Adresse des Landsthing an den König.
Allergnädigster König! Sowohl 1873 als 1883 hat das Landsthing
Ew. Majestät sein Bedauern darüber ausdrücken müssen, daß die Ergebnisse
der Reichstagstagungen in keinem passenden Verhältnisse zu der Zeit stehen,
welche sie erfordern. Diesem Bedauern muß es nach den Erfahrungen der
letztern Zeit einen um so stärkern Ausdruck geben, als die Gesetzgebungs-
arbeit wesentlich gehemmt ist, weil das Folkething sich weigert, die meisten
der vielen, nach unserm Ermessen guten und teils dringend nötigen Gesetz-
vorlagen zu beraten, welche die Minister Ew. Majestät einbringen, während
doch die Tagungen nicht verkürzt werden, namentlich weil die Beratung des
Finanzgesetzes in die Länge gezogen wird. Unter diesen Umständen mußte
das Landsthing es als unverantwortlich ansehen, zu einer Ausdehnung der
Finanzberatungen über den Schluß des Finanzjahres hinaus mitzuwirken,
und gab dieser Ansicht im vorigen Jahre schon Ausdruck, indem es das da-
mals vorgelegte einstweilige Finanzgesetz verwarf. Einen fernern Grund gab
die bei der Behandlung der Staatsrechenschaft von 1881—82 gewonnene
Erfahrung, daß das Folkething die bisherige Abfassung des einstweiligen
Finanzgesetzes auf eine Weise erklärte, die nicht bloß der Auffassung des