Dãnemark. (März 19.) 347
Landsthings zuwiderlief, sondern auch eine angemessene Führung des Staats-
haushalts unmöglich machen konnte. Das Ministerium Ew. Mojestät stellte
daher den Vorschlag einer brauchbaren Abfassung, welche das Landsthing im
wesentlichen annahm, und die Minderzahl des Folkethings stellte fernere Vor-
schläge zu diesem Zwecke. Diese Vorschläge fanden indessen nicht den Bei-
fall der Mehrzahl des Folkethings, das seine Ansicht festhielt, sodaß das
Landsthing zur Zeit die fortgesetzte Verhandlung als hoffnungslos ansehen
muß. Wenn Ew. Majestät gesagt wird, daß der Versuch, eine einstweilige
Finanzbewilligung im Einverständnis mit dem Ministerium zuwege zu bringen,
von dem Landsthing aufgegeben worden, ohne daß die Ausgleichung der
Nichtübereinstimmung der Kammern durch verfassungsmäßige Mittel ange-
strebt ward, muß also die Erklärung zugefügt werden, daß die Unterbrechung
zunächst durch den Mangel an Entgegenkommen seitens der Mehrzahl des
Folkethings veranlaßt wurde. Sofern man nun die Verwerfung des einst-
weiligen Finanzgesetzes durch das Landsthing als auf eine Erschwerung einer
Einigung der Kammern ahbzielend hat auffassen wollen, brauchen wir, um
die Unrichtigkeit dieser Ansicht darzuthun, nur auf die ganze Geschichte der
Finanzgesetze zurückzuweisen. Das Landsthing hat seine Wünsche beständig
beschränkt oder aufgegeben, ja, oft hat es sie gar nicht ausgesprochen, um
mit dem Folkething einig zu werden; fast nie hat es eine bedeutende Be-
willigung erreicht, ohne andere ebenso dringliche zu opfern; und oft hat es
Tadel hören müssen, weil es sich lieber mit einem Mindermaß von Einräu-
mungen begnügen, als einen Bruch hervorrufen wollte. Wenn also ein
solcher als Folge der Macht der Verhältnisse in Aussicht gestellt worden,
und zwar zu einer Zeit, da das Finanzgesetz im Landsthinge noch nicht zur
zweiten Lesung gekommen, als selbst dessen Ausschuß noch keinen Bericht da-
rüber erstattet hatte, dann muß derselbe im voraus beschlossen gewesen sein;
denn es kann kein Zweifel darüber sein, daß mit gleich gutem Willen auf
beiden Seiten eine Ubereinkunft in der noch übrigen Zeit noch zu erreichen
ist. Wird keine Einigung erzielt, lehnt das Landsthing alle Verantwortun
dafür ab. Unser Gemüt ist nicht von Bitterkeit erfüllt, sodaß wir den Kamp
dem Frieden und der Versöhnung vorzögen; aber der Frieden kann nicht mit
Demütigung erkauft werden, und die Verföhnung darf keine Unterwerfung
sein. Der Streit, welcher zwischen dem Folkething einerseits und den Mini-
stern Ew. Majestät und dem Landsthing anderseits entstanden, ist wenigstens
12 Jahre alt. Er hat seinen Ursprung in der durch die Verfassung nicht
zu begründenden und mit unserm Zweikammersystem unpereinbaren Behaup-
tung des Folkethings, daß das Ministeriumn immer in Ubereinstimmung mit
dem aus dem allgemeinen Wahlrechte hervorgegangenen Thing sein müsse,
d. h. daß dessen Zusammensetzung nicht von Ew. Mojestät bestimmt werden,
sondern von der Mehrzahl des Folkethings abhängig sein soll. Keinem der
von Ew. Majestät berufenen Ministerien hat es an Willen und Fähigkeit
efehlt, mit dem Reichstag oder dessen Abteilungen zusammen zu arbeiten;
2 haben sich ehrlich und tüchtig bestrebt, zusammenstimmende Beschrüffe aller
Staatsfaktoren hervorzurufen, aber ihre Bestrebungen strandeten an dem
Mangel des Willens seitens des Folkethings, mit ihnen zusammen zu arbeiten.
Nun ist es dahin gekommen, daß das Thing fast jede noch so gut ausge-
arbeitete, noch so nützliche, noch so notwendige Gesetzvorlage beiseite gelegt oder
gehemmt hat, auch dann, wenn der betreffende Minister besonderes Entgegen-
kommen zeigte. Das Bedürfnis des Vaterlandes ist zurückgesetzt worden;
dessen unabweisbare Forderungen zweckmäßiger Verteidigungsveranstaltungen
sind noch immer unerfüllt, nötige Ausgaben, kleine und große, sind verwei-
gert worden, obgleich der Staatskasse die Mittel nicht fehlen. Es wäre ein
großer Wahn, zu glauben, daß eine fruchtbare, gedeihliche Thätigkeit möglich
Europ. Geschichtskalender. XXVI. Bd. 23