Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Erster Jahrgang. 1885. (26)

Bäuewark. (April 1.) 349 
Ubereinkunft anzustreben, die es schon in der That bewiesen hat durch die 
Behandlung des Finanzgesetzes, wie auch für die Zusage, die es uns gegeben, 
immer ohne Furcht und Schwanken streben zu wollen, das Recht des Königs 
und die Freiheit des Volkes in den von dem Grundgesetze gezogenen Grenzen 
zu bewahren. 
1. April. Schluß des Reichstages. 
Bevor der Ministerpräsident den Schluß verkündet, verliest der Präsi- 
dent Berg im Folkething folgenden Aufruf: 
„An das dänische Volk! Das Folkething hat, während es noch Zeit 
war, sich an den König gewendet, um den Bruch zu verhindern, welchem 
das Verfassungsleben hier im Lande von einer eigenwilligen Regierung ent- 
gegengeführt wird. Die Adresse des Things an den König ist zugleich un- 
sere Rechtfertigung dem Volke gegenüber. Die Regierung will den Bruch. 
Noch einmal ist die aufs neue angebotene Verhandlung über ein interi- 
mistisches Finanzgesetz unterbrochen worden. Die Regierung unterbricht die 
Arbeiten des Reichstagsausschusses und sendet den Reichstag heim, ohne 
eine gesetzliche Bewilligung für das neue Jahr zu haben. Die Absicht hiemit 
ist klar. Indem das Folkething Protest erhebt gegen den lange vorbereite- 
ten, jetzt bevorstehenden Verfassungsbruch, fordern wir das Volk auf, sich zu 
sammeln für sein verfassungsmäßiges Recht in dem Kampfe, der ernster als 
je unabweisbare Forderungen an alle guten Kräfte im dänischen Volke stellt.“ 
Sobald dann Estrup das Wort ergreift, um die königliche Botschaft 
zu verlesen, verläßt die gesamte Linke den Saal. 
Die Mitglieder der Rechten erlassen folgendes Gegenmanifest: 
„Mitbürger! Unser kleines Land bietet zur Zeit einen traurigen An- 
blick von gärender Unruhe und lähmendem Stillstand dar, von Uneinigkeit 
über vieles, von Hoffnung und Zuversicht auf weniges, von gutem Willen 
ohne Zweifel in vielen Punkten, auch bei unsern Gegnern, aber von zu 
schlaffer Fähigkeit, irgend etwas auszurichten, das die Hindernisse des Fort- 
schritts entfernen könnte. Die Linke hat angekündigt, daß der politische 
Kampf, den sie jetzt seit einer Reihe von Jahren führt, noch schärfer geführt 
werden soll als bisher. Wir sind bereit, festzustehen in diesem Kampfe und 
fordern euch auf, euch an unsere Seite zu stellen und keine Mühe zu sparen, 
um unser Vaterland aus der unwegsamen Lage zu bringen, in welche das 
bersafsungswidrige Machtstreben der Linken es gebracht hat, damit die regel- 
mäßige Ordnung wiederhergestellt werden und ein friedliches politisches Zu- 
sammenleben l dem Boden der Verfassung geführt werden könne. 
1. April. Der König erläßt gemäß Artikel 25 des Grund- 
gesetzes ein provisorisches Finanzgesetz 
und ermächtigt die Regierung, alle zur zweckmäßigen Führung der 
Staatsverwaltung erforderlichen Ausgaben vorzunehmen, wobei jedoch das im 
Reichstage eingebrachte Budget nicht zu überschreiten sei. 
Die Versuche, ein provisorisches Finanzgesetz mit den Kammern zu 
stande zu bringen, sind gescheitert, da beide Häuser auf ihren Beschlüssen be- 
harren. Auch die Verhandlungen des am 26. März zusammengetretenen 
Ausschusses beider Thinge führen zu keinem Resultat. 
In dem Bericht, durch welchen das Ministerium dem König den Er- 
laß des provisorischen Gesetzes empfiehlt, heißt es: Z .J. 
Wenn es geduldet würde, daß das Folkething seine Geneigtheit, sich 
mit dem Landsthinge über ein Finanzgesetz zu einigen, davon abhängig 
machte, daß Ew. Majestät Ihr Ministerium verabschiedeten, würde das Folke- 
thing, thatsächlich im Widerspruch mit dem Grundgesetze, Alleinherrscher über 
23“
	        
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