Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Erster Jahrgang. 1885. (26)

Dãnemark. (Okltober 12. — November 19.) 351 
6574000 Kr.; extraordinär 4683000 Kr. Für die Vermehrung der Ver- 
kehrsmittel sind 6872000 Kr. angesetzt. Die extraordinäre Summe des 
Kriegsministeriums soll u. a. zur Anschaffung von Infanteriegewehren eines 
neuen Modells, zu Geschützen für eine etwaige Feldbefestigung um Kopen- 
hagen und zum Beginn der Festungsbauten verwandt werden. 
12. Oktober. Das Folkething nimmt mit 79 gegen 21 Stim- 
men eine Resolution an, in welcher dem provisorischen Finanzgesetz 
vom 1. April die Anerkennung versagt wird. 
Ministerpräsident Estrup protestiert gegen dieses ungesetzliche Vorgehen. 
Nach der Verfassung müsse jedes provisorische Gesetz dem Reichstage von der 
Regierung zur Genehmigung vorgelegt werden. Bevor das nicht geschehen 
sei, sei das Folkething nicht befugt, über die Annahme oder Verwerfung des 
Gesetzes zu beschließen. Als die Kammer trotzdem zur Abstimmung schreitet, 
verlassen sämtliche Minister den Saal. 
21. Oktober. Attentat auf den Ministerpräsidenten Estrup. 
Der Thäter, ein Schriftsetzer Rasmussen, feuert 2 Revolverschüsse auf 
den Minister ab; derselbe bleibt jedoch unverletzt. 
Die Präsidenten beider Häuser sprechen bei Eröffnung der Sitzungen 
ihr Bedauern und ihren Abschen über das Attentat aus. Vor dem Hause 
des Ministerpräsidenten sammeln sich große Volksmassen an, die ihm Ovatio- 
nen darbringen. 
22. Oktober. Vermählung des Prinzen Waldemar mit der 
Prinzessin Marie von Orleans. (Siehe Frankreich.) 
23. Oktober. Vertagung des Reichstages bis zum 18. Dezbr. 
27. Oktober. Der Staatsrat erläßt ein provisorisches Gesetz 
über die Bildung einer militärisch eingerichteten, unter dem Kriegs- 
ministerium stehenden Gendarmerie, sowie ein weiteres vorläufiges 
Gesetz, durch welches die Ermächtigung ausgesprochen wird, den Ge- 
meinden für außerordentliche Polizei-Ausgaben einen Staatszuschuß 
zu bewilligen. 
1. November. Die Regierung erläßt ein provisorisches Gesetz 
zur Ergänzung des Strafgesetzbuchs, welches im wesentlichen folgende 
Bestimmungen enthält: 
Die an Versammlungen durch Wort oder Schrift gerichtete Aufforde- 
rung zu strafbaren Thaten wird als Anstiftung bestraft; die Darstellung von 
Verbrechen als beifallswert, Aufwiegelung einer Bevölkerungsklasse gegen die 
andere, die Verbreitung erdichteter oder entstellter Thatsachen, durch welche 
Haß gegen staatliche Einrichtungen und Regierungserlasse erweckt werden soll, 
wird mit Gefängnis bestraft; wegen Aufforderung von Militärpersonen zum 
Ungehorsam gegen die Befehle lhrer Vorgesetzten kann außer auf Gefängnis 
auch auf Strafarbeit erkannt werden; auf Ubertretung der Polizeivorschriften 
betreffs des Waffenhandels steht Gefängnis und Geldstrafe. Beamte, welche 
dieses Gesetz übertreten, können mit Verlust ihres Amtes, pensionierte Beamte 
mit Verlust ihrer Pension bestraft werden. Vergehen, welche seitens der 
Presse gegen dieses Gesetz begangen werden, sind einer beschleunigten Rechts- 
verfolgung unterworfen.
	        
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