Schweden. (Januar 10. — März 20.) 353
XII.
Schweden und Norwegen.
1. Schweden.
10. Januar. Die Stockholmer Nachwahlen zur zweiten Kammer,
welche infolge der Kassierung der Wahlen vom September 1884 (val.
Gesch. Kal. 1884) ensorderlich geworden sind, ergeben einen noch bedeutenderen
Sieg der Liberalen.
19. Januar. Der Reichstag wird von König Oskar eröffnet.
In der Thronrede heißt es: „Die Beziehungen der vereinigten Reiche
zu allen fremden Staaten sind fortgeset die besten. Ich habe die Einladung
angenommen, welche die kaiserlich deutsche Regierung nach Ubereinkunft mit
der französischen Republik zu einer Konferenz in Berlin ergehen ließ; um
auf beste Weise die Freiheit des Handels und der Schiffahrt auf den großen
westafrikanischen Flüssen zu sichern. Die Thronrede stellt sodann Gesetzent-
würfe betreffend die Reform des Gerichtswesens, den Wehrgesetzentwurf, so-
wie eine Vermherung der Ausgaben auf dem Gebiete des Torpedowesens in
Aussicht. Ferner wird die Poerabsehung der Grundsteuer und der unter dem
Namen „Ladegeld“ die Schiffahrt treffenden Steuer angekündigt.
11. März. Verfassungsänderung.
· Der Reichstag nimmt die bereits 1884 genehmigte Verfassungsände-
rung, betreffend die Behandlung der auswärtigen Angelegenheiten, in der
verfassungsmäßig notwendigen zweiten Beratung an. Die Verfassung be-
stimmte bisher: Der König könne die auswärtigen Angelegenheiten in der
Weise erledigen, wie es ihm am geeignetsten erscheine. Diese Fassung ließ
die Auslegung zu, daß der König den diplomatischen Verkehr durch Personen
außerhalb des Staatsrats aufrecht zu erhalten berechtigt sei. Die Anderung
des Paragraphen ist nichts anderes, als die gesetzliche Bestätigung dessen, was
bisher bereits Praxis gewesen, nämlich daß die auswärtigen Angelegenheiten
dem Könige in Gegenwart des Staatsministers und eines Staatsrats vom
Minister des Außern vorgetragen werden. Ferner wird bestimmt, daß alle
Unterhandlungen mit fremden Mächten und mit den schwedischen Gesandten
im Auslande ohne Ausnahme durch den Minister des Außern zu erfolgen
haben. Endlich wird dem Konstitutions-Ausschusse des Reichstags die Be-
fugnis eingeräumt, die Staatsratsprotokolle in allen diplomatischen Ange-
legenheiten zu prüfen.
Mitte März. Die von der Regierung beantragte Subventionie
rung der für 1886 in Stockholm geplanten Industrie-Ausstellung
wird in der ersten Kammer mit 73 gegen 20 Stimmen angenommen,
in der zweiten Kammer mit 110 gegen 80 Stimmen verworfen und darauf
in gemeinschaftlicher Sitzung beider Kammern mit 214 gegen 126 Stimmen
definitiv abgelehnt.
20. März. Zolltarif-Debatte.
Beide Kammern lehnen die Anträge betreffend die Einführung von
Einfuhrzöllen auf Getftide mit erheblichen Majoritäten ab.