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Der Fürst erwiederte:
„Nachdem Serbien entgegen dem internationalen und Völkerrechte und
ohne Strafe seitens des suzeränen Hofes den Boden des Fürstentums verlitt
hat, erkläre ich es als meine heilige Pflicht gegen die auf dem Schlachtfelde
Gefallenen, sowie als Pflicht meiner militärischen Ehre, vor der vollständigen
Räumung Bulgariens seitens der serbischen Truppen weder einen Waffen-
stillstand vorzuschlagen, noch anzunehmen, und erst dann einem Friedens-
schlusse zuzustimmen, wenn ich mich auf feindlichem Boden befinden werde."“
„Betreffs der von der Pforte vorgeschlagenen Entsendung eines kaiserlichen
Kommissärs nach Philippopel vor der Räumung des fürstlichen Gebietes
durch Serbien erachte ich es als meine Pflicht, zu erklären, daß nach meiner
Ansicht unter den obwaltenden Umständen, wo ich mich an der Spitze der
Armee befinde und meine Bemühungen auf Befreiung des Gebietes gerichtet
sein müssen, die Entsendung eines kaiserlichen Kommissärs die Ordnung und
Ruhe in der rumeliotischen Bevölkerung gefährden würde. Demnach wird
die Pforte die Gewogenheit haben, diese Frage bis zum wiederhergestellten
Frieden mit Serbien zu vertagen.“ Ferner richtet der Fürst ein Rund-
schreiben an die Großmächte, in welchem er die Verantwortung für die Fol-
gen des von der Pforte beabsichtigten Schrittes ablehnt und die Großmächte
bittet, „die Entsendung des Kommissärs zu vertagen und die rumeliotische
Frage erst dann zu regeln, wenn der serbisch-bulgarische Krieg durch den
Abschluß eines Friedens beendigt sein wird, welcher der Würde, Ehre und
den Opfern des bulgarischen Volkes, seines Fürsten und seiner Regierung
gebührende Genugthuung gibt.“
25. November. Die Botschafterkonferenz geht resultatlos aus-
einander.
Die auf Grund der Einladung der Pforte vom 21. Oktober zusammen-
getretene Konferenz wählt Said Pascha zu ihren Präsidenten und hält 7
Sitzungen. Die Pforte stellt folgende Anträge: Einen Bevollmächtigten zu
ernennen, der sowohl im Auftrage der Pforte wie der Mächte dem Fürsten
Alexander die schriftliche Aufforderung überbringen soll, selbst und mit seinen
Truppen Ost-Rumelien zu räumen; 2) denselben Bevollmächtigten zu beauf-
tragen, an die Behörden wie an die Bevölkerung von Ost-Rumelien eine
öffentliche Aufforderung zu richten mit der Mahnung, den früheren Zustand
wiederherzustellen und sich in die Entschließungen der Mächte zu fügen;
3) denselben Bevollmächtigten als Civilkommissar bis zur Ernennung eines
neuen Generalgouverneurs mit der Wahrung der Ordnung und der Ruhe
in Ost-Rumelien zu betrauen, und endlich 4) einen internationalen Ausschuß
einzusetzen mit der Aufgabe, die Berechtigung etwaniger, auf Verbesserung
der Verwaltungseinrichtungen abzielender Wünsche der ostrumelischen Be-
völkeruug zu prüfen.
Sämtliche Großmächte mit Ausnahme Englands einigen sich schließlich
über 4 Resolutionen, welche im wesentlichen dahin gehen: 1. Die Pforte soll
einen Kommissar nach Ostrumelien entsenden, welcher als provisorischer
Generalgouverneur die Verwaltung führen soll. 2. Gleichzeitig soll eine ge-
mischte Kommission sich über die Bedürfnisse und Wünsche der Ostrumelier
informieren und denselben innerhalb der Grenzen des Berliner Ver-
trages Rechnung tragen. 3. Nach Wiederherstellung der Ordnung soll ge-
mäß dem Berliner Vertrag ein neuer Generalgouverneur ernannt werden.
4. Zunächst soll eine vorläufige türkische Gesandtschaft nach Ostrumelien
gehen, um die Behörden und die Bevölkerung zu ihrer Pflicht zurückzurufen;
die Großmächte sollen diese Gesandtschaft durch Mitteilung der Resolutionen
an ihre Vertreter in Philippopel unterstützen. Die Resolutionen bezwecken