Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Erster Jahrgang. 1885. (26)

388 Vereinizte Stsaten von Amerika. (März 4.) 
4. März. Einführung und Vereidigung des Präsidenten 
Cleveland. 
Der Präsident hält vor seiner Vereidigung eine Ansprache, in welcher 
es heißt: „In der Ausübung meiner amtlichen Pflicht werde ich mich be- 
mühen, mich durch eine gerechte und ungezwungene Auslegung der Konsti- 
tution und eine sorgfältige Unterscheidung der Machtvollkommenheiten, die 
der Bundesregierung und die den einzelnen Staaten oder dem Volke zuer- 
kannt worden sind, sowie durch eine vorsichtige Auffassung der Funktionen 
leiten zu lassen, welche durch die Konstitution und Gesetze dem vollziehenden 
Zweige der Regierung besonders zuerteilt wurden.“ 
„Der Geist unserer Institutionen, die Bedürfnisse unseres Volkes in 
seinem häuslichen Leben und die Aufmerksamkeit, die zur Regelung und 
Entwicklung der Hilfsmittel unseres ungeheuren Territoriums erforderlich ist, 
diktieren uns ein gewissenhaftes Vermeiden irgendeines Abweichens von jener 
auswärtigen Politik, welche uns durch die Geschichte, die Traditionen 
und die Wohlfahrt der Republik anempfohlen wird. Es ist dies jene Po- 
litik der Unabhängigkeit, begünstigt durch unsere Stellung und geschützt durch 
unsere wohlbekannte Gerechtigkeitsliebe und unsere Macht. Es ist die Politik 
des Friedens, die unseren Interessen am dienlichsten ist. Es ist die Politik 
der Neutralität, welche jeden Anteil an fremden Zwisten und ehrgeizigen 
Plänen auf anderen Kontinenten zurückweist und deren Eindringen hier ab- 
wehrt. Es ist die Politik Monroe's, Washingtons und Geffersons: Frieden 
Handel und ehrliche Freundschaft mit allen Nationen, verwickelnde Bündnisse 
mit keiner. Die schuldige Rücksicht auf die Interessen und die Wohlfahrt 
des ganzen Volkes verlangt es, daß unsere Finanzen auf einer so gesunden 
und vernünftigen Basis ruhen sollten, daß dadurch die Sicherheit und das 
Vertrauen der geschäftlichen Interessen gestärkt, ein sicherer und fester Arbeits- 
lohn hergestellt und unser Einkunftssystem so geregelt wird, daß das Volk 
von unnötigen Steuern befreit wird, während zugleich die nötige Rücksicht 
auf die Interessen des angelegten Kapitals und auf die in der amerikanischen 
Industrie beschäftigten Arbeiter genommen, und die Anhäufung von Ueber- 
schüssen im Staatsschatze, welche zur Verschwendung verleiten würde, verhütet 
wird. Die Sorge für das Eigentum des Landes und die Bedürfnisse der 
zukünftigen Ansiedler erfordern, daß die Staatsdomänen gegen die Ausbeu- 
tungspläne und ungesetzliche Inbeschlagnahme geschützt werden. Das Ge- 
wissen des Volkes verlangt, daß die Indianer innerhalb unserer Grenzen 
ehrlich und rechtschaffen als Mündel der Regierung behandelt und deren 
Erziehung und Civilisation gefördert werden sollen, um schließlich gute Bürger 
aus ihnen zu machen. Es verlangt, daß die Vielweiberei, welche Fa- 
milienbeziehungen zerstört und gegen das sittliche Gefühl der cidvilisierten 
Welt verstößt, unterdrückt werden soll, und daß die Gesetze, welche die Ein- 
wanderung einer knechtischen Klasse, die mit amerikanischer Arbeit 
konkurriert, ohne Absicht, die Bürgerschaft zu erwerben, und Gewohnheiten 
und Gebräuche mitbringt und beibehält, die gegen unsere Civilisation ver- 
stoßen, verbieten, streng innegehalten werden sollen. Das Volk verlangt eine 
Reform der Staatsverwaltung und die Anwendung geschäftsmäßiger 
Grundsätze auf öffentliche Angelegenheiten. Als Mittel zu diesem Zweck 
sollte die Civildienstreform in gutem Glauben in Kraft gesetzt werden. Un- 
sere Bürger haben eine Berechtigung auf Schutz gegen die Untüchtigkeit von 
Staatsbeamten, die ihre Stellen lediglich als Belohnung für Parteidienste 
innehaben, sowie gegen die verderblichen Einflüsse derjenigen, die solche Be- 
lohnungen versprechen, und die verwerflichen Methoden derjenigen, welche 
dieselbe erwarten. Diejenigen, welche eine öffentliche Anstellung auf würdige 
 
	        
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