Mebersiczt der polilischen Gulwickelung des Jahres 1885. 393
Situation in dem Schlagworte zusammenfassen konnte: I- Angle-
terre voild Pennemi.
In diesem Punkte setzte die auswärtige Politik Deutschlands *½l
ein. Die Kolonialpolitik gab dazu eine erwünschte Handhabe: Kolo-
Frankreich gegenüber wurde bei der Besetzung der deutschen Kolo- wuolsor
nialgebiete jeder Konflikt sorgfältig vermieden und wo auch nur gegen-
die Möglichkeit einer Interessenkollision vorlag, erklärte man sich gura.
sofort, ohne eine Reklamation der französischen Regierung abzu- reich,
warten, bereit, eventuell die deutschen Ansprüche fallen zu lassen.
In dem Konflikt mit China beobachtete Deutschland in jeder Be-
ziehung strengste Neutralität. Die Zurückhaltung der in Deutsch-
land gebauten chinesischen Panzerschiffe, die völkerrechtlich durchaus
nicht geboten war, da Frankreich China niemals den Krieg er-
klärt hat, die sofortige Anerkennung des französischen Reis-Ein-
fuhrverbotes in China, einer nach Völkerrechtsgrundsätzen sehr an-
fechtbaren Maßregel, kontrastierten auffallend mit dem Verhalten
Englands. Andrerseits wurde der Gegensatz zu England aufs en
schärfste hervorgehoben: der gereizte Ton der diplomatischen Korre-England.
spondenz wurde auf die offiziöse Presse und schließlich in die
Reichstagsreden des Reichskanzlers übertragen und die Vorwürfe
in einer Weise zugespitzt, die mit den thatsächlich vorhandenen
Differenzen in keinem Verhältnis stand.
Frankreich wurde der Wert guter Beziehungen zu Deutsch-
land hauptsächlich in den ägyptischen Fragen vor Augen geführt.
Von der gänzlichen Einflußlosigkeit in ägyptischen Angelegenheiten,
in welche Frankreich durch die Politik des Jahres 1883 gekommen
war, sah es sich plötzlich an die Spitze einer europäischen Koa-
lition gegen England gehoben, welche England die von Frankreich
vorgeschlagenen Bedingungen der ägyptischen Finanzreform vor-
schrieb. Seinen äußeren Stempel erhielt diese Superiorität Frank-
reichs in ägyptischen Angelegenheiten dadurch, daß Paris zum
Sitzungsort der Suezkanalkommission gewählt wurde. Granville
versuchte vergebens, diese Wahl zu hintertreiben, indem er her-
vorhob, daß doch die sämtlichen Verhandlungen, welche zur Kon-
vention vom 17. März führten, in London stattgefunden hätten,
und daß der englische Handel am meisten an dem Suezkanal