400 Mebersicht der politischen Entwichelnnz des Jahres 1885.
Vermittelungsamt des Papstes ohne jedes Präjudiz für die welt-
liche Herrschaft sei. Auch über die Besorgnis, daß das Papst-
tum eine dauernde moralische Stärkung aus diesen Vorgängen
ziehen werde, wurde man in Deutschland bald durch die Hal-
tung der Ultramontanen beruhigt: in der ultramontanen Presse
war wenig von Triumph zu finden, desto mehr trat aber das
Mißtrauen und Mißbehagen hervor, mit welchem man die direkte
Annäherung der Regierung an den Papst mit Umgehung der
Führer der ultramontanen Bewegung in Deutschland verfolgte.
Die Konsequenzen des Zwischenfalles für das Verhältnis des
Papstes zur preußischen Regierung zeigten sich erst im folgenden
Jahre.
Das Jahr 1885 schien bestimmt dem deutschen Volke gleich
bei Beginn seiner Kolonialpolitik alle Fährlichkeiten, welche die-
selbe mit sich bringt, vor Augen zu führen: Konflikte mit den
europdischen Staaten lösten sich ab mit Aufständen und Protesten
Se der eingeborenen Bevölkerung. Die Widersetzlichkeiten der Ein-
Kame= gebornen in Kamerun wurden mit Leichtigkeit, wenn auch nicht
run ohne Verluste für die deutsche Marine niedergeschlagen. Ernster
Konflikt schien der Protest des Sultans von Zanzibar gegen die Ansprüche
mie bender ostafrikanischen Gesellschaft. Hier war das Aukbieten einer
von Zan-erheblichen Streitmacht erforderlich, denn auf eine Wirkung di-
ibar plomatischer Mittel war in Zanzibar überall nicht zu rechnen,
und jedes Nachgeben wird im Orient immer nur als ein Zeichen
der Schwäche aufgefaßt. Auf Grund der Lehren, welche die fran-
zösischen Expeditionen in so reichem Maße darboten, daß nämlich
nichts kostspieliger und gefährlicher ist als halbe Maßregeln,
wurde eine Seemacht nach Zanzibar geschickt, welche genügte, um
den schlimmsten Eventualitäten entgegenzutreten. Angesichts der
fünf gefechtsbereiten deutschen Panzer, zog dann der Sultan seinen
Protest gegen die deutschen Erwerbungen zurück. Der Anblick der
deutschen Kriegsschiffe hinterließ auch, nachdem das Geschwader
wieder abgedampft war, einen solchen Eindruck von der deutschen
Macht, daß der Sultan sich im Laufe der Verhandlungen zur
Überlassung des Hafens von Dar-es-Salam an die ostafrikanische Ge-
sellschaft und zum Abschluß eines günstigen Handelsvertrages her-