Wirt-
schaft-
liche Be-
zieh-
428 Mebersict der volitischen Eutwinelnut des Jahrrs# 1885.
Slaven ihre Ansprüche durchsetzten, dies unverzüglich eine Stär-
kung der Autonomisten in Kroatien zur Folge haben müsse.
Das enge politische Bündnis zwischen Osterreich und dem
Deutschen Reich hat bekanntlich nicht verhindert, daß in wirt-
schaftlicher Beziehung der Kampf mit ungeschwächten Kräften fort-
ungen zugeführt wird. Die deutsche Zolltarifnovelle traf neben Rußland
Deutsch-
land.
Sozial-
politik.
Italien.
und Amerika in erster Linie Österreich-Ungarn: der dritte Teil
des gesamten österreichischen Exports nach Deutschland wurde von
den Zollerhöhungen des Regierungsentwurfs betroffen. Die ge-
meinsame Regierung beantwortete die deutsche Novelle alsbald mit
dem Antrage auf Erhöhung der österreichischen Industrialzölle;
doch scheint es mehr auf eine Demonstration gegen Deutschland
abgesehen gewesen zu sein, denn bereits am 8. April wurde die
am 10. März eingebrachte Novelle vorläufig wieder fallen ge-
lassen. Thatsächlich würde auch eine Erhöhung der Industriezölle
der Sachlage wenig entsprechen: die deutschen Zollerhöhungen treffen
hauptsächlich Ungarn; die Erhöhung der österreichischen Industrie-
zölle würde aber im wesentlichen den österreichischen Fabrikan=
ten zu gute kommen; wegen dieser Schwierigkeit hat in Ungarn
der Gedanke eines mitteleuropäischen Zollbündnisses besonderen Bei-
fall gefunden und wurde auch vom Ministerpräfidenten Tisza leb-
haft vertreten.
In sozialpolitischer Beziehung sucht Osterreich mit dem
Deutschen Reiche gleichen Schritt zu halten; in den gewerbe-
polizeilichen Fragen ist es sogar erheblich vorausgeeilt. Am
11. Juni traten die neuen Bestimmungen der Gewerbe-Ordnung
in Kraft, welche strenge Vorschriften über die Sonntagsruhe ent-
halten und für Fabriken einen elfstündigen Normalarbeitstag ein-
führen. Vorgelegt wurde ferner ein Krankenkafsengesetz, welches
die deutschen Bestimmungen im wesentlichen kopiert. Auch in der
Abwehr der sozialdemokratischen Umtriebe war Österreich genötigt,
in die Fußtapfen des Reichs zu treten: das Dynamitgesetz und
Sozialistengesetz waren im wesentlichen verschärfte Auflagen der
entsprechenden deutschen Gesetze.
Italiens Eintreten in die kolonialen Mächte vollzog sich
unter großem Geräusch und mit viel miltärischem und parlamen-
