Nebersicht der politischen Entwichelnun des JZahres 1685. 437
mierung der Union die allerschwierigste gewesen: Die Hauptstütze
der bisherigen Stellung Bulgariens, Rußland, hatte sich in den
erbittertsten Gegner der bulgarischen Bestrebungen verwandelt. Der
Zar beantwortete die Proklamierung der Union mit der Abberu-
fung sämtlicher russischer Offiziere und Beamten und fügte an-
fangs November noch die persönliche Kränkung des Ausschlufses des
Fürsten aus der russischen Armee hinzu; die Großmächte drangen auf
Räumung Ostrumeliens, die Pforte und Serbien konzentrierten an
den entgegengesetzten Enden des Fürstentums erhebliche Truppen-
massen; im Innern hatte der Fürst mit dem steten Argwohn der
Ultra-Unionisten einerseits und den auf seine Absetzung abzielenden
russischen Intriguen andrerseits zu kämpfen. Fürst Alexander über-
wand diese Schwierigkeiten mit staunenswerter Gewandtheit. Mit
großer Energie machte er sich zum Herrn der Bewegung, unter-
drückte jeden Versuch, die bulgarischen Bestrebungen auf Macedonien
zu übertragen oder gegen die Suveränetät des Sultans Stellung
zu nehmen; binnen kurzem gelang es ihm selbst die Muselmänner
für sich zu gewinnen, sodaß diese, die beim Ausbruch der Em-
pörung an bewaffneten Widerstand dachten, nach wenigen Wochen
sich in Petitionen bei dem Sultan um Bestätigung der Union
verwandten. So löste der Fürst das stolze Wort, mit welchem
er die Union den Großmächten mitgeteilt hatte, daß er persönlich
die Garantie für die Aufrechterhaltung der Ruhe und der Sicher-
heit der Einwohner jeder Nationalität und Religion übernehme,
in vollem Maße ein. Die serbische Kriegserklärung schien alles
bisher Geleistete wieder in Frage zu stellen. Niemand zweifelte
an der Überlegenheit der serbischen Armee, welche volle Zeit zur
Mobilmachung und Konzentrierung gehabt hatte, während der
Fürst unter dem Druck der Mächte die Mobilmachung eingestellt
hatte und mit den vorhandenen Truppen Front nach beiden Seiten
machen mußte. So drangen denn auch die Serben an den ersten
drei Tagen des Feldzuges bis nahe an die Thore der Hauptstadt vor.
Den Fürsten traf die Kunde von der Kriegserklärung Ser-
biens in Philippopel. „Mit seltener Energie begann er sofort
die Verteidigung seines Landes gegen die serbische Invasion zu
organisieren. Der Fürst verfügte nicht über eine einheitlich or-