Bie Gesterreichich- Augarische Monarchie. (Oktbr. 30. — Novbr. 6.) 255
Verordnung des hohen Justizministeriums vom 23. September 1886 sowohl
nach ihrer rechtlichen Seite, als auch in Hinsicht ihrer politischen Tragweite
zu prüfen und dem hohen Hause darüber Bericht zu erstatten, respektive
entsprechende Anträge zu stellen.“
Sowohl im Herrenhause als im gleichzeitig tagenden Abge-
ordnetenhause ruft dieser Antrag lebhafte Bewegung hervor. In
der tschechischen Presse wird er mit der größten Feindseligkeit unter
Schmähungen und Verunglimpfungen schlimmster Art besprochen.
30. Oktober. (Ungarn.) Budgetvorlage für 1887.
Die Gesamtsumme der arbentliche Einnahmen beträgt 321,743,950 fl.
oder 840,993 fl. mehr als im Vorjahre, die der transitorischen Einnahmen
6,612,145 oder 2,117,680 fl. weniger als im Vorjahre; die Gesamtsumme
der Ausgaben 350,400,021 oder 6,713,481 fl. mehr als im Vorjahre. Daraus
ergibt sich ein Defizit von 22,043,926 fl. d. h. 7,990,168 fl. mehr als im
Vorjahre. ucch die schon angekündigte Anleihe von 20 Millionen zur Er-
gänzung der Kassenbestände und die Ausgabe von Papierrente zur Bedeckung
der Tilgung steigt der Kreditbedarf des Landes auf rund 52 Millionen.
30. Oktober. (Osterreich: Abg.-Haus.) Das Zoll-
und Handelsbündnis mit Ungarn wird in zweiter und dritter Lesung
nach mehrtägigen Debatten angenommen. Hierauf vertagt sich das
Haus auf unbestimmte Zeit.
4. November. (Österreich-Ungarn.) Zusammentritt der
Delegationen in Pest. Die vom Minister des Auswärtigen ge-
machten Vorlagen der gemeinsamen Regierung sind 1) das gemein-
same Budget für 1887; 2) das außerordentliche Erfordernis für
die Truppen im Okkupationsgebiete; 3) Nachtragskredite für die
Ministerien des Außern und des Krieges, besonders zur Einführung
des Repetiergewehrs; 4) Erhöhung des Kredits der Heeres= und
Marineverwaltung; 5) Rechnungslegungen für 1884 und 1885.
Das gemeinsame Budget enthält ein Gesamterfordernis von 123,855,414 fl.
oder ein Mehrerfordernis von 4,155,175 fl. gegen das Jahr 1886; für die
Kosten der Okkupation ist ein Mindererfordernis von 936,000 fl. eingestellt,
der Überschuß der bosnischen Verwaltung beträgt 56,774 fl.; für die Marine
wird ein Mehr von 121,219 fl., für die Einführung des Repetiergewehres
werden 3½ Millionen gefordert, das Gesamterfordernis des Heeres beträgt
105,935,378 fl., das der Marine 11,316,039 fl.; die gemeinsamen Zollüber-
schüsse betragen nur 18,642,206 fl., also um 7,272,000 fl. weniger als im
Vorjahre. Die Bilanz gestaltet sich demnach um 11,198,558 fl. ungünstiger
als im Vorjahre.
6. November. (Osterreich-Ungarn.) Beim Empfange der
Delegationen in Ofen halten die beiden Präsidenten Smolka und
Ludwig Tisza Ansprachen an den Kaiser, welche die auswärtige
Lage der Monarchie sehr düster schildern und die Eventualität des
Europ. Geschichtskalender. XXVI.. Bd. 17