Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zweiter Jahrgang. 1886. (27)

16 JNos denuische Reich und seine einzelnen Glieder. (Jan. 21—22.) 
herrschaft liegenden Befugnisse die Regelung der Gerichtsbarkeit wie der 
sonstigen inneren Verhältnisse der Schutzgebiete lediglich im Verordnungswege 
erfolgen würden, soweit nicht die Bewilligung von Geldmitteln des Reichs 
in Frage steht.“ In der Debatte widerspricht der Abg. Rintelen (3.) dieser 
Auffassung. Der Abg. Bamberger (df.) fordert die Vorlegung der auf Grund 
des Gesetzes erlassenen kaiserlichen Verordnungen an den Reichstag zur Ge- 
nehmigung und nicht nur zur Kenntnisnahme. 
21. Januar. (Baden.) Beratung des Kultusetat in der 
zweiten Kammer. 
Der Abg. Lender bringt den schon bei der Adreßverhandlung ge- 
äußerten Wunsch zur Sprache, es mögen im Sinne freundlichen Einverneh- 
mens noch bestehende Kampfgesetze aus den Jahren 1870—80 abgeändert oder 
beseitigt werden, erklärt jedoch, daß er davon Abstand nehme, auf diesen 
Gegenstand näher einzugehen, weil er, im Einvernehmen mit seinen Partei- 
genossen, den Erfolg der in dieser Richtung von dem Erzbischof, „dem ersten 
und zunächst berufenen Vertreter der Rechte der Katholiken“, bei der Regier- 
ung gethanen Schritte abwarten wolle. Er verwahrt sich dabei, daß diese 
Haltung weder Verzicht auf die den Wählern gegenüber übernommenen Rechte 
und Pflichten, weder Mangel an Entschiedenheit der Gesinnung, noch Abgang 
des Mutes, dieselbe zu bethätigen, bedeute; sie sei nur von dem Streben ein- 
gegeben, die im Interesse der Gesellschaft so notwendige Eintracht zwischen 
Staat und Kirche nach Kräften zu fördern. In ähnlich versöhnlichem Sinne 
ohne aber auf die Frage einer etwaigen Abänderung bestehender Gesetze ein- 
zugehen, äußert sich der Ministerialpräsident Staatsrat Nokk und der Ve- 
richterstatter Abg. Fieser. Eine Nachforderung des altkatholischen Bischofs 
Reinkens von 6000 “ zur bessern Ausstattung der altkatholischen Pfründen, 
welche von der Budgetkommission befürwortet wird, gibt zu einer längern 
Auseinandersetzung Anlaß und wird schließlich gegen die Stimmen der Kle- 
rikalen und der Demokraten genehmigt. Die Regierung erklärt, daß sie den 
Beschluß des Hauses annehmen werde. 
21.—22. Januar. (Währungsfrage.) Abgeordnetenhaus: 
Erste Beratung des Etats. 
In den Etatsreden des Finanzministers v. Scholz ist die folgende 
Erklärung über die Stellung der Regierungen zur Währungsfrage von 
besonderer Bedeutung; nach Zeitungsmitteilungen soll derselben ein Beschluß 
des Staatsministeriums zu Grunde liegen. 
Die Erklärung des Ministers lautet: Eine besondere Seite der Wirt- 
schaftspoliti- ist, wenn mich die Erinnerung nicht täuscht, hier zum ersten 
ale berührt worden: die Währungsfrage. Ich gehe sehr ungern auf dieselbe 
ein, zunächst deshalb, weil in den Parteien, auf deren wohlmeinende Gesinnung, 
auf deren immer bewährtes Vertrauen die Regierung den größten Wert legt, 
eine große Anzahl von Männern vorhanden ist, die in diesem Punkte anders 
denken als ich. Ich gehe auch darum ungern darauf ein, weil gerade in diesem 
Punkte ein Kampf ausgebrochen ist, der in vieler Hinsicht den Glaubens- 
kämpfen in alter Zeit gleicht, wenn man die Mittel in diesem Kampfe, die 
Verketzerung von hüben und drüben sieht. In einen solchen Kampf trete 
ich nicht gern ein, aber ich glaube doch bei der Art, wie hier die Frage von 
beachtenswertester Seite aufs Tapet gebracht worden ist, doch darauf ein- 
gehen zu müssen. Ich bin kein fanatischer Anhänger etwa der Goldwährung 
(hört! hört! rechts); ich bin nicht unehsidlh für die schweren Verluste, 
die wir durch die Silberentwertung erfahren haben. (Hört! hörtt rechts.)
	        
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