Belgien. (Februar 2.—Erste Hälfte März.) 367
trages Dumont auf Einführung von Einfuhrzöllen für Vieh und
Getreide am 13. verwiesen wurde, stimmen 45 Mitglieder für,
27 gegen dieselbe, 8 enthalten sich der Abstimmung; die Regierung
hatte erklärt, den Antrag zu bekämpfen.
2. Februar. (Unterrichtsgesetz.) Das Ministerium legte
der Kammer einen Gesetzesentwurf über den Mittelschul-Unterricht vor.
Derselbe bestimmt, daß, wenn kein mit dem Lehrdiplom versehener,
aus einem staatlichen Seminar hervorgegangener Kandidat für eine vakante
Stelle sich meldet, diese auch einem Professor des Mittelschul-Unterrichtes,
der Privatstudien gemacht hat, oder auch einem solchen ohne Diplom über-
tragen werden kann. Die Vorlage unterdrückt die Vorbedingung des Be-
suches eines staatlichen Seminars und setzt an die Stelle derselben das
Diplom, woher es auch komme; nur wenn sich für eine Stelle kein diplo-
mierter Kandidat meldet, so kann auch ein nichtdiplomierter Kandidat ge-
nommen werden, aber dieser hat sich dann von einer Kommission, die von
der Regierung ernannt wird, prüfen zu lassen. Der Zweck dieser Vorlage
ist, die Diplome der klerikalen Seminarien oder sonstiger klerikalen Privat-
Institute den staatlichen Diplomen gleichzustellen.
12. Februar bezw. 20. März. (Heeresreform.) Bei Be-
ratung des Kriegsbudgets genehmigt die Kammer mit 70 gegen
52 Stimmen die Amendements des Kriegsministers in betreff der
Einberufung der beurlaubten Klassen der Wehrdienstpflichtigen.
Diese Beschlüsse schaffen den Anfang einer Heeres-Reserve. Infolge
der bei der Mobilmachung 1870 hervorgetretenen Unzulänglichkeit der mili-
tärischen Einrichtungen war schon seit langer Zeit ein Plan zur Schöpfung
eines Ersatzheeres in Frage gekommen. Der nach dem Sturze des liberalen
Kabinets 1884 ernannte Kriegsminister Pontus hatte sein Amt nur unter
der Bedingung angetreten, daß die Kammermehrheit den von ihm ausgenom-
menen Heeresreformplan des abgetretenen Kabinets zustimme, mußte sich aber
mit der Schaffung von 54 neuen Hauptmannsstellen begnügen, deren In-
habern im Bedürfnisfalle die Mannschaften der 5 ältesten Milizklassen über-
wiesen werden sollen, weil viele der klerikalen Kammermitglieder sich ihren
Wählern gegenüber verpflichtet hatten, eine Erhöhung der Militärlasten ab-
zulehnen.
Am 20. März nimmt auch der Senat die Vorschläge des
Kriegsministers an.
Erste Hälfte März. (Kongostaat.) Regelung der Kirchen-
verhältnisse. Der Primas von Belgien, der Erzbischof von Mecheln,
wird Haupt der gesamten künftigen Geistlichkeit des Kongostaates.
Die Missionen des (französischen) Kardinals Lavigerie arbeiten wie
bisher weiter. Das an der Universität Löwen neuerrichtete afrika-
nische Seminar bildet die Geistlichen für den Kongo aus. Die von
Portugal verlangte Zulegung des Kongostaates zu den Prälaturen
in den portugiesischen Besitzungen der westafrikanischen Küste wird
nicht gewährt.
Europ. Geschichtskalender. XXVII. Bd. 24