Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zweiter Jahrgang. 1886. (27)

370 Belzien. (April 16.—25.) 
92·8 Millionen Frank gewonnen. Der Lohn verminderte sich in dieser Zeit 
um 35 Centimes, der Preis der Kohle um 74 Centimes."“ Der Minister 
gibt sodann eine Darstellung der Vorgänge, bei denen sich die Hefe des Volks 
beteiligt habe. „Durch die am 18. März in Lüttich vorgekommenen Ruhe- 
störungen seien die Behörden überrascht worden, am 20. aber seien Truppen 
verlangt und die Ordnung sei sofort wieder hergestellt worden. Auch die 
Unterdrückung der am 26. ds. im Kohlenbecken von Charleroi erfolgten Aus- 
schreitungen und Zerstörungen habe nicht auf sich warten lassen. General 
van der Smissen habe bereits am 27. mit 12 Bataillonen und 9 Schwadro- 
nen in dem Kohlenrevier von Charleroi gestanden. Man mache der Regie- 
rung den Vorwurf, daß sie den Bestand des Heeres zu sehr verringert habe. 
Derselbe betrage 44,750 Mann. Am 27. ds. sei die Einberusung weiterer 
zwei Klassen der dienstpflichtigen Mannschaft angeordnet. Dieser Befehl sei 
in rascher Ausführung begriffen. Man müsse jetzt an den folgenden Tag 
denken. Die Regierung werde dies in aller Ruhe thun und nach Mitteln 
suchen, den Arbeitern zu helfen und Arbeit für sie zu finden. Nicht die 
wirklichen Arbeiter seien es, denen man die vorgekommenen Verwüstungen 
beizumessen habe. Die Regierung werde einen Kredit von 43 Millionen 
fordern, man sei beschäftigt mit den Vorarbeiten für den Bau von Bizinal- 
wegen und noch vor dem Ende des Jahres würden 352 km. dieser Linien 
dem Betriebe übergeben werden können.“ 
April. (Arbeiterunruhen.) Es finden noch fortgesetzt in 
vielen Fabrikstädten zahlreiche Arbeitseinstellungen statt, die an ein- 
zelnen Orten zu Zusammenstößen führen. Doch bleiben solche Vor- 
fälle vereinzelt. In Lüttich und Grammont fallen gegen Ende des 
Monats Ruhestörungen bei Arbeitseinstellungen vor, dieselben sind 
aber nicht erheblich. 
16. April. (Aufruhrgesetze.) Justizminister Demolder legt 
in der Deputiertenkammer folgenden Gesetzentwurf der Regierung 
vor: 1) Bestrafung jeder auch erfolglos gebliebenen Aufreizung zu 
Verbrechen und Vergehen. 2) Verschärfung des Sprengstoffgesetzes. 
3) Regelung des Rechtes, Feuerwaffen zu führen. 4) Nachtrags- 
kredit für die Gendarmerie. 5) Bewilligung einer Million zur Ent- 
schädigung der Besitzer zerstörter Anlagen. 
21. April. Die Deputiertenkammer nimmt das Budget der 
innern Verwaltung, zu dem jetzt auch das Schulwesen gehört, 
mit 73 gegen 22 Stimmen an. * 
17. April. (Arbeiterfrage.) Die Regierung setzt eine 
Kommission zur Prüfung der Arbeiterfrage, eine zweite besonders 
für Arbeiterwohnungsbeschaffung ein. 
25.—26. April. (Arbeiterkongreß.) In Gent findet ein 
allgemeiner Kongreß der belgischen Arbeiter zur Ausstellung eines 
politisch-wirtschaftlichen Programmes statt. Die Beschlüsse fordern: 
1. Allgemeines Stimmrecht, unmittelbare Gesetzgebung des Volkes, 
Beseitigung des Senats und des Königtums; 2. welllicher, obligatorischer
	        
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