Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zweiter Jahrgang. 1886. (27)

Die Tũrkei und ihre Yasallenstsaten. (Oktober 30.— November 15.) 417 
30. Oktober. Kaulbars fordert binnen 3 Tagen eine be- 
friedigende Antwort auf seine Note vom 23., andernfalls werde er 
mit dem ganzen diplomatischen Personal abreisen und müsse der 
Regierung die Verantwortung für die Folgen überlassen. 
Die Regierung antwortet: sie habe alle Behörden an- 
gewiesen, für die Sicherheit der russischen Unterthanen zu sorgen und 
bitte um Mitteilung aller einzelnen Fälle. 
31. Oktober. Eröffnung der großen Sobranje in Tir- 
nowa durch Stambulow und Mutkurow. 
Die Regierung schlägt als das beste Mittel, aus der Krisis heraus zu 
gelangen, die Wahl eines Fürsten vor. Die Eröffnungsrede schließt: es lebe 
das unabhängige, freie Bulgarien! « 
In der am 8. November beschlossenen Antwort spricht die Sobranje 
der Regierung volles Vertrauen aus, erklärt sich bereit, sofort zur Fürsten- 
wahl zu schreiten und schließt ebenfalls: es lebe das unabhängige Bulgarien! 
10. November. (Fürsten wahl.) Nachdem in geheimer Vor- 
versammlung Stambulow die Wahl des Prinzen Waldemar von 
Dänemark vorgeschlagen, wird derselbe von der Sobranje gewählt. 
Stambulow legte die Gründe dar, welche die Wiederwahl des 
Prinzen von Battenberg unmöglich machen. Da die Mächte keinen Kandi- 
daten designiert haben, müsse die Sobranje selbst die Wahl treffen. Prinz 
Waldemar vereinige in sich alle Eigenschaften, um der Erwählte des bulga- 
rischen Volkes zu sein. Sein Name und seine hohen verwandtschaftlichen 
Beziehungen zum Zaren, zur Königin von England und zum Könige Georgios 
berechtigen zu großen Hoffnungen für die Zukunft Bulgariens. Die von 
Grekow zu Rate gezogenen Vertreter der Mächte in Konstantinopel drückten 
die Ansicht aus, bab es nützlich wäre, den gegenwärtigen provisorischen Zu- 
stand nicht zu verlängern. Stambulow machte jedoch kein Hehl daraus, daß 
Rußland wahrscheinlich die Wahl nicht anerkennen werde; dessenungeachtet 
müsse man zur Wahl schreiten; übrigens beweise der Name des Erwählten 
zur Genüge die versöhnlichen Gesinnungen der Regierung und der Sobranje. 
Wenn Prinz Waldemar den Thron ablehnen sollte, werde die Regierung 
darüber beraten. Schließlich bestand Stambulow nochmals auf der Wahl 
des Prinzen Waldemar und erklärte, daß die Regierung ihre Demission geben 
würde, wenn der Prinz von Battenberg gewählt werden sollte. 
13. November. Die Regentschaft gibt ihre Entlassung; 
Stambulow und Mutkurow werden durch die Sobranje wieder- 
gewählt, Karawelow unter dem Tadelsvotum an der Verschwo. 
rung gegen den Fürsten teilgenommen zu haben durch Jukow ersetzt. 
In Burgas wird der russische Kapitän Nabukoff vom Kriegs- 
gerichte der Teilnahme an der Meuterei für schuldig erklärt, nach- 
dem die vom russischen Konsul geforderte Freilassung desselben im 
Hinweis auf die schwebende Verhandlung abgelehnt worden war. 
Nach der Verurteilung wird er dem russischen Konsul ausgeliefert. 
15.—20. November. (Ultimatum und Abreise Kaul- 
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