132 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (September 20.)
mentlich auch von Gewerbesteuer, und unter gleichmäßiger Veranlagung und
Heranziehung aller Steuerpflichtigen gehört nach mehrjährigem Stillstand zu
den dringenden Aufgaben der Gesetzgebung. Dabei ist eine Vermehrung der
Staatseinnahmen nicht zu erstreben; vielmehr werden etwaige Mehrerträge
unverkürzt zur Erleichterung von Schul= und Kommunallasten zu ver-
wenden sein.
Die heimische Landwirtschaft befindet sich nach wie vor in sehr schwie-
riger Lage, weite Landstriche leiden überdies unter den Folgen schädlicher
Naturereignisse. Die Beseitigung der Überlastung des ländlichen Grund-
besitzes mit Steuern, eine planmäßige, auf die Förderung, Erleichterung und
den Schutz der heimischen landwirtschaftlichen Produktion gerichtete Agrar-
politik, namentlich auch zur Erhaltung und Stärkung des mittleren und
kleinen Grundbesitzes, sowie eine durchgreifende Reform der Wassergesetzgebung
erscheinen geboten.
Die in der Regel konfessionell einzurichtende Volksschule auf ihrer
Höhe und in ihrem Charakter als Veranstaltung des Staates zu erhalten,
leibt Grundsatz der Partei.
Die Verteilung der Schullasten entspricht vielfach nicht der Gerechtig-
keit. Auch sind die rechtlichen Unterlagen der Schulunterhaltungspflicht meist
veraltet, zum Teil bis zur Rechtsunsicherheit. Neben weiterer Übernahme
von Schullasten auf den Staat erscheint die Durchführung des verfassungs-
mäßigen Grundsatzes, wonach die Unterhaltung der Schule Kommunalsache
ist, als eine Aufgabe von unabweisbarer Dringlichkeit.
Die Erweiterung und gesetzliche Sicherung der Alterszulagen, sowie
die Aufhebung der Witwen= und Weisenkassenbeiträge der Lehrer werden
wir mit dem gleichen Nachdruck, wie bisher vertreten.
Nicht eine dem Verhältnis der katholischen Kirche nachgebildete Stel-
lung zum Staate, sondern die Aufrechterhaltung der historisch entwickelten
innigen Verbindung mit dem Staate der Hohenzollern liegt im wohlver-
standenen Interesse der evangelischen Landeskirche wie des Staates. Bereit,
berechtigten Wünschen der Landeskirche, welche dieser Grundanschauung ent-
sprechen und die Stellung und Freiheit der Gemeinden nicht beeinträchtigen,
entgegen zu kommen, halten wir die Sicherstellung reichlicherer Staatszu-
schüsse für evangelisch-kirchliche Zwecke, sowie für die ausreichende Besoldung
der Geistlichen der evangelischen Landeskirche wie der aller Konfessionen für
das im evangelisch-kirchlichen Interesse zunächst zu erstrebende Ziel.
Nachdem der Friede zwischen dem Staate und der katholischen Kirche
wieder hergestellt ist, werden wir allen Bestrebungen, welche eine erneute
Störung des staatskirchlichen Friedens herbeiführen könnten, mit der größten
Entschiedenheit entgegentreten.
Die freikonservative Partei hat die auf die Festigung des Reiches
und Stärkung des nationalen Bewußtseins gerichtete Reichspolitik stets mit
aller Kraft unterstützt. Die Förderung dieser Reichspolitik erachten wir für
eine der vornehmsten Aufgaben des preußischen Staates wie der preußischen
Landesvertretung.
Durch das feste Zusammenwirken der auf dem Boden derselben stehen-
den Parteien sind die militärischen und finanziellen Fundamente des Reiches
gesichert; der Zusammenschluß dieser Parteien in der preußischen Landes-
vertretung wie bei den Wahlen für dieselbe liegt im gleichmäßigen Interesse
der Reichspolitik, wie eines stetigen von Reaktion und Radikalismus gleich
fernen, weise fortschreitenden Ganges des preußischen Staatslebens.
Wir richten an alle patriotische, gemäßigte, von Parteisucht, freie
Männer unseres Volkes die Aufforderung, bei den bevorstehenden Wahlen