Bulzarien. (März Mitte — August u. folgde.) 391
Mitte März. (Fürst Bismarck) lehnt die Annahme des
Kondolenz-Telegrammes der bulgarischen Regierung aus Anlaß des
Todes Kaiser Wilhelms ab und schickt dasselbe dem Minister des
Aeußern, Dr. Stransky, zurück.
26. April. Prinz Ferdinand tritt eine Rundreise durch das
Land bis zum 17. Mai an.
1. Mai. (Verurteilung Popows.) Moajor Popow wird
zu vier Jahren schweren Kerkers, mehrere andere Offiziere zu kür-
zeren Gefängnisstrafen verurteilt. Das Urteil wird in der Appel-
lationsinstanz bestätigt; sämtliche Verurteilte aber vom Fürsten
begnadigt. Die öffentliche Meinung hat an die Schuld Popows
nicht recht glauben wollen.
9. Mai. (Prinz Ferdinand.) In Tirnowa hält Minister-
Präsident Stambulow nach dem Oster-Gottesdienste in der Kirche
zu den vierzig Märtyrern eine Ansprache vor dem Prinzen Fer-
dinand, in welcher er sagt:
„Seit fünf Jahrhunderten ist es das erstemal, daß ein bulgarischer
Herrscher in unserer Mitte der Osterfeier in der Kirche unserer Zaren bei-
wohnt. Müge Gott, der schüfer des Rechtes und der Wahrheit, unseren
Souverän stützen und ihm helfen, Bulgarien auf dem rechten Wege zu
führen!“ Der Prinz erwidert: „Ich habe einen Schwur geleistet, daß ich
Bulgarien zu dem von der Geschichte angedeuteten Ziele führen werde.
Heute erneuere ich diesen Schwur und aus ganzer Seele wiederhole ich
meine, dem bulgarischen Volke gegenüber bindend eingegangenen Verpflich-
tungen, die ich mit Festigkeit aufrechthalten werde. In diesem selben Ge-
bäude habe ich allem entsagt und bin Bulgare geworden; in diesem selben
Gebäude erkläre ich Ihnen, daß das bulgarische Ideal das meinige ist: die
Unabhängkeit Bulgariens; sie ist die geheiligte Frage, der ich mein Leben
gewidmet habe. Folgen Sie Ihrem Souverän, und mit der Hilfe Gottes
wird Bulgarien groß und glücklich und seine Unabhängigkeit gesichert werden."“
1. Hälfte Mai. (Clement.) Die Regierung enthebt den
Metropoliten Clement in Tirnowa wegen seines feindseligen Ver-
haltens gegen den Prinzen Ferdinand seiner Funktionen.
1. Hälfte August. Eröffnung der neuen Eisenbahnlinie Wien-
Konstantinopel.
August u. folgde. (Räuberunwesen.) Zahlreiche teils
durch russische Subsidien unterstützte Banden machen das Land un-
sicher. Infolge dessen übergeben die Vertreter der fremden Mächte
der Regierung eine Kollektivnote,
in der sie ihr Befremden über die Unsicherheit der Person und des
Eigentums in Bulgarien, sowie über die Gleichgültigkeit der bulgarischen
Regierung diesen Ausschreitungen gegenüber aussprechen. Die bulgarische
Regierung protestiert gegen diese Beschuldigung zunächst bei der serbischen
Regierung und stellt das Ansuchen, daß sie den Vertreter Serbiens, Danic,