Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Dez. 17.) 183
Bildungsanstalten, den Kadettenhäusern. Sie sind hier angeführt worden,
um auf sie zu exemplifizieren, und es sind Wünsche laut geworden, ihre Ein-
richtungen auf die anderen höheren Schulen zu übertragen.
Meine Herren! Das Kadettenkorps ist etwas ganz Eigenartiges, es
hat einen besonderen Zweck, es existiert für sich, steht direkt unter Mir und
berührt uns hier gar nicht.
Wenn Ich kurz resümiere, so möchte Ich noch, bevor Ich schließe,
auf einen anderen Grundsatz Meines Hauses eingehen, der heute von einem
hervorragenden Mitgliede zitiert ist: Zuum cuique, das heißt: Jedem das
Seine, und nicht: Allen dasselbe. Und das verfolgen wir auch gerade hier
in dieser Versammlung und mit dem, was Sie heute beschlossen haben. Bis-
her hat der Weg, wenn Ich so sagen soll, von den Thermopylen über Cannae
nach Roßbach und Vionville geführt; Ich führe die Jugend von Sedan und
Gravelotte über Leuthen und Roßbach zurück nach Mantinea und nach den
Thermopylen. Ich glaube, das ist der richtige Weg, und den müssen wir
mit unserer Jugend wandeln.
Und nun, Meine Herren, Meinen herzlichsten Dank und Meine vollste
Anerkennung für alles, was Sie bisher getan haben. Ich habe Meine
Gedanken und Meine Befehle für die spätere Entwickelung dieser uns allen
am Herzen liegenden Angelegenheit in einer Kabinetsordre niedergelegt, von
der Ich bitten möchte, daß die Herren sie jetzt anhören:
„Es hat Mich mit Freude und Genugtuung erfüllt, Zeuge gewesen
zu sein des Ernstes und der Hingebung, mit welcher alle Mitglieder der
zur Erörterung der Schulfrage einberufenen Konferenz beigetragen haben,
um diese für unsere Nation so hochwichtige und Mir besonders am Herzen
liegende Angelegenheit zu fördern. Ich kann es Mir deshalb nicht ver-
sagen, allen Mitgliedern Meine volle Anerkennung und Meinen könig-
lichen Dank auszusprechen. Insbesondere gebührt Ihnen für die ebenso
geschickte wie kräftige Leitung der Verhandlungen Mein voller Dank, und
ich freue Mich, es aussprechen zu können, daß die Hoffnungen, welche
bei Beginn der Beratungen hegte, durch die Ergebnisse derselben
ihrer Erfüllung wesentlich näher gerückt sind. Um nun auf Grund des
gewonnenen reichen und wertvollen Materials möglichst bald bestimmte
Entschließungen zur Durchführung des Reformwerks fassen zu können,
fordere Ich Sie auf, Mir baldigst Vorschläge wegen Bildung eines
Ausschusses von etwa fünf bis sieben Männern zu unterbreiten, welchen
die Aufgabe zu stellen sein wird:
1) das Material zu sichten und zu prüfen und darüber in möglichst
kurzer Frist zu berichten, und
2) einzelne, als besonders tüchtig bekannte Anstalten sowohl Preu-
ßens als auch der übrigen Bundesstaaten zu besichtigen, um das ge-
wonnene Material auch nach der praktischen Seite hin zu vervollständigen.
Ich gebe Mich der Hoffnung hin, daß es Ihnen auf Grund dieser
Vorarbeiten möglich sein wird, einen Plan für die wichtigen Reformen
des höheren Unterrichtswesens, auch im Hinblick auf die notwendigen
finanziellen Maßnahmen, so zeitig aufzustellen und Mir vorzulegen, daß
die Einführung des neuen Planes mit dem 1. April 1892 erfolgen kann.
Ich erwarte, daß Sie über den Fortgang der Angelegenheit Mir von
Monat zu Monat Bericht erstatten.
Noch liegt Mir am Herzen, einen Punkt zu berühren. Ich verkenne
nicht, daß bei Durchführung der neuen Reformpläne erhebliche Mehr-
forderungen an die Leistungen der gesamten Lehrerschaft gestellt werden
müssen. Ich vertraue aber ebenso ihrem Pflichtgefühle wie ihrem Pa-
triotismus, daß sie sich den neuen Aufgaben mit Treue und Hingebung