Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Sechster Jahrgang. 1890. (31)

Die Gesterreichisch-Augarische Monarchie. (Jan. 27.—Febr. 4.) 189 
nomen Behörden die Allerhöchste Genehmigung nicht zu erwirken, wird dieser 
Gesetzentwurf in der nächsten Landtagssession einer neuen Beratung unter- 
zogen werden. Alle Teile kommen überein, daß mit Ausnahme Prags die 
Städte mit eigenem Statut so behandelt werden wie alle anderen Gemeinden. 
6) Es wird eine Reform der Landtagswahlordnung unter gerechter 
Würdigung aller maßgebenden Momente nach einem für beide Nationalitäten 
gleichem Maßstabe vorgenommen werden. Der Wahlkörper des Allodial- 
Großgrundbesitzes wird in mehrere Wahlkörper nach territorialer Abgrenzung 
geteilt werden. Die Regierung wird in der nächsten Session eine hierauf 
bezügliche Vorlage einbringen und hiebei erklären, daß sie baldmöglichst eine 
Vorlage bezüglich allgemeiner Reform der Wahlordnung einbringen werde. 
An Stelle der bisherigen Kurien der Landtagsabgeordneten der städtischen 
und Landbezirke treten unter Fortbestand der Kurie des Großgrundbesitzes 
zwei neue Kurien: die Kurie der Abgeordneten böhmischer und die Kurie 
der Abgeordneten deutscher Wahlbezirke. Diese Kurien werden nach einer 
auf Grund des faktischen Besitzstandes aufzustellenden Liste gebildet. Den- 
selben werden gleiche Funktionen bezüglich der Wahlen zustehen, welche die 
bisherigen Kurien ausgeübt haben. Zu diesem Zwecke ist in der nächsten 
Session ein Gesetzentwurf vorzulegen. Durch ein weiteres, zugleich mit der 
Wahlreform in Kraft tretendes Gesetz wird jede der drei Kurien mit einem 
Vetorecht ausgestattet für Beschlüsse über Aenderungen der Landesordnung 
und der Landtagswahlordnung, sowie Fragen, welche den Gebrauch der 
Sprachen im öffentlichen Leben, bei autonomen Behörden und bei solchen 
Bildungsanstalten betreffen, die nicht ausschließlich einer Nationalität ge- 
widmet sind, soweit diese Fragen in die Kompetenz des Landtags fallen. 
27. Januar. Ueber den Ausgleich schreibt die „Neue Freie 
Presse“: 
Dies ist mehr, als die kühnsten Optimisten zu hoffen wagten und ver- 
mag) teen Grundstein einer neuen Entwicklung und Erstarkung Oesterreichs 
zu bilden. 
28. Januar. Das Organ der slowenisch-klerikalen Partei in 
Untersteiermark, die in Marburg erscheinende „Südsteirische Post“, 
präzisiert anläßlich des deutsch-tschechischen Ausgleichs die Forde- 
rungen der Slowenen folgendermaßen: Teilung des Landes- 
schulrates in Graz und Klagenfurt, Teilung der Landwirtschafts- 
gesellschaften in den genannten beiden Landeshauptstädten, Bildung 
nationaler Kurien in den Landtagen Steiermarks und Kärntens, 
Kreierung besonderer slowenischer Statthalterei-Abteilungen, sowie 
eines slowenischen Oberlandesgerichts in Laibach. 
1. Februar. Die Jungtschechen schieben den Beschluß über 
die Ausgleichsbedingungen um 14 Tage auf. 
3. Februar. Justizminister Graf Schönborn erläßt die 
ersten Verordnungen zur Durchführung des deutsch-böhmischen 
Ausgleichs. 
4. Februar. (Budapest.) Bei Beratung des Landwehr- 
gesetzes im Reichstag willigt die Regierung ein, die Verwendung
	        
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