Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Siebenter Jahrgang. 1891. (32)

134 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (November 10.) 
bewährt in mancher heißen Schlacht, als Held gekrönt in entsagendem Dulden 
und in Ergebung unter die schwere Hand des Allerhöchsten, vergönnt, die 
Schirmherrschaft unserer Kirche zu führen, für deren leben kräftige, einheit- 
liche Entwickelung Sein edles Herz erglühte. 
Je schwerer wir durch diese Schläge getroffen, um so dankbarer blickt 
unser Herz auf zu dem Herrn der Kirche, daß Er in unseres regierenden 
Kaisers und Königs Majestät ihr einen Beschützer wiedergegeben, der mit 
starker Hand das von Seinen Ahnen überkommene Regiment der evangeli- 
schen Kirche ergriffen und ihr ein treuer Schirmherr sein wird angesichts 
der Kämpfe um die heiligsten religiösen und sittlichen Güter unseres evan- 
gelischen Volks. 
Seine Majestät haben mir den ehrenvollen Auftrag zu erteilen geruht, 
die hochwürdige Generalsynode Allerhöchstihrer Huld und Gnade zu ver- 
sichern und dabei auszusprechen, wie Allerhöchstdieselben das Gedeihen unserer 
evangelischen Kirche auf betendem Herzen tragen und als Inhaber des Kir- 
chenregiments der lebensvollen Entfaltung der in der Kirche thätig werdenden 
Kräfte für Förderung des Reiches Gottes Allerhöchstihr lebendiges Interesse 
und ernste Fürsorge zuwenden. 
Einer gedeihlichen Entwickelung des evangelisch kirchlichen Lebens 
glauben Seine Majestät gewiß sein zu können, wenn, wie Allerhöchstdieselben 
vertrauen, die synodalen Organe auf allen Stufen, vor allem aber diese 
hochwürdige Synode, sich um die Allerhöchste Person, als den Inhaber des 
landesherrlichen Kirchenregiments, schaaren und unter Zurückstellung ab- 
weichender kirchlicher und kirchenpolitischer Parteigegensätze ihr Gewicht gel- 
tend machen, um im Verein mit den kirchenregimentlichen Behörden den 
Mächten des Unglaubens und Umsturzes zu wehren, auf dem Grunde des 
Wortes Gottes evangelisches Leben und evangelisches Bewußtsein in den Ge- 
meinden zu fördern und durch Erweckung und Mehrung des Sinnes christ- 
licher Bruderliebe und herzlichen Erbarmens in allen Schichten der Be- 
völkerung die Gefahren zu beschwören, welche mit der kirchlichen, staatlichen 
und gesellschaftlichen Ordnung das Heil und den Frieden der Seelen be- 
drohen. 
Die kirchenregimentliche Behörde, an deren Spitze Seine Majestät der 
Kaiser und König mich zu berufen die Gnade gehabt haben, erkennt es als 
ihre bedeutsame Aufgabe, in Bethätigung des Allerhöchsten Willens, für den 
friedlichen Zusammenschluß der verschiedenen kirchlichen und kirchenpolitischen 
Richtungen zu wirken, um alle Kräfte für die wichtigen Aufgaben, welche 
der evangelischen Kirche im Volksleben gestellt sind, zu freudiger Mitarbeit 
heranzuziehen. 
Sie ist sich bewußt, daß, je treuer die Kirche ihren Gliedern mit den 
ihr anvertrauten Heils= und Gnadenschätzen zu dienen beflissen ist, je enger 
die Gemeinden und ihre geordneten Organe mit ihren Geistlichen sich zu- 
sammenschließen, je lebendiger und regsamer die Liebesthätigkeit an den Hilfe 
bedürfenden Brüdern zur Linderung ihrer geistlichen und leiblichen Nöte sich 
entfaltet, um so gewisser auch die Kirche die Stellung sich erringen wird, 
welche ihr als gottgeordneter, den Grund= und Eckpfeiler aller Civilisation 
bildender Einrichtung im öffentlichen Leben zukommt, um so berechtigter 
auch die Hoffnung, daß nicht allein die einzelnen Provinzialkirchen unseres 
engeren Kirchenkörpers, sondern auch die außerhalb desselben stehenden evan- 
gelischen Kirchengemeinschaften des preußischen Staats und über denselben 
hinaus sich brüderlich die Hand reichen, um gemeinsam dem Ziele nachzu- 
sreben, welches den Kirchen auf Erden gesteckt ist: die Schaffung der Seelen- 
Seligkeit.
	        
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