Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Siebenter Jahrgang. 1891. (32)

Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (November 10.) 135 
Sei es mir noch gestattet, einen Blick auf die Vorlagen zu werfen, 
für welche der Evangelische Ober-Kirchenrat Ihre Mitwirkung in Anspruch 
nimmt. 
Ich erwähne zunächst die Gesetzesvorlage, welche das Gebiet der kirch- 
lichen Aufsicht über die Vermögensverwaltung der Kirchengemeinden in der 
Richtung der Herbeiführung einer selbständigeren Stellung der Kirchen- 
gemeindeorgane zu regeln bestimmt ist und mit welcher der Evangelische 
Ober-Kirchenrat vielfach ausgesprochenen Wünschen nach Erleichterung des 
Geschäftsganges in der Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten entgegenzu- 
kommen beabsichtigt. 
Ich nenne die Gesetzesvorlagen wegen weiterer Ausgestaltung der 
Pensionsordnung der Geistlichen und des Gesetzes über die Versorgung der 
Witwen und Waisen der Geistlichen, welche dem auf diesem Gebiet hervor- 
getretenen, zum Teil sehr dringenden Bedürfnis Abhilfe zu schaffen bestimmt 
sind. Damit in engem Zusammenhang steht die Gesetzesvorlage wegen Re- 
gelung der Sterbe= und Gnadenzeit der Hinterbliebenen der Geistlichen, 
durch welche die Herbeiführung einer Einheitlichkeit auf diesem Gebiet ver- 
sucht wird. 
Eine fernere der Anregung der zweiten ordentlichen Generalsynode 
entsprechende Gesetzesvorlage bezweckt die Beseitigung der Uebelstände, welche 
bei Ausübung der Pfarrwahl in patronatlosen Gemeinden sich heraus- 
gestellt haben. 
Die Gesetzesvorlage über die Verlegung des landeskirchlichen Buß- 
und Bettages endlich bezweckt die Beseitigung von Schwierigkeiten, welche 
der für die kirchlichen und vaterländischen Interessen gleich wichtigen ein- 
heitlichen Herstellung eines gemeinsamen Bußtages in Norddeutschland noch 
entgegenstehen. 
Der Evangelische Ober-Kirchenrat gibt sich daneben der Hoffnung 
hin, daß, nachdem von der Königlichen Staatsregierung, vorbehaltlich der 
Zustimmung des Landtages, eine Jahresrente von 1¼ Million Mark zur 
Erleichterung der kirchlicherseits gewünschten Ablösung der Stolgebühren für 
den Bereich der evangelischen Landeskirche der älteren Provinzen in Aussicht 
gestellt ist, noch im Laufe der diesjährigen Sitzung der Generalsynode die 
Einbringung einer Gesetzesvorlage sich wird ermöglichen lassen, um die kirchen- 
gesetzliche Regelung dieser Angelegenheit zum Abschlusse zu bringen. 
Neben diesen Gesetzesvorlagen werden aber noch sonstige, in Form 
von Denkschriften an Sie gelangende Vorlagen des Evangelischen Ober- 
Kirchenrats Ihre Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen. Ein Teil derselben 
bezweckt, Ihnen Kenntnis zu geben von der Thätigkeit, zu welcher in meh- 
reren von der zweiten Generalsynode behandelten Fragen der Evangelische 
Ober-Kirchenrat sich veranlaßt gesehen hat. 
Andere dagegen bewegen sich auf dem Gebiete, auf welchem gesetz- 
geberische Thätigkeit, sei es der Natur der Sache nach überhaupt, sei es 
wenigstens für jetzt ausgeschlossen, gleichwohl aber die beratende oder er- 
weckende Aussprache der Vertretung der Landeskirche für das evangelische 
Volk und nicht zum wenigsten für die kirchliche Verwaltung von hoher Be- 
deutsamkeit ist. 
Lassen Sie uns denn mit dem Gebet, daß Gott der Herr das Werk 
unserer Hände fördern wolle, an die Arbeit herantreten in stetem Aufblick 
zu Ihm, Der es uns verheißen hat, daß Er bei uns sein will alle Tage 
bis an der Welt Ende: 
Jesus Christus, gestern und heute, und Derselbe in alle Ewigkeit!“
	        
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