Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Siebenter Jahrgang. 1891. (32)

Bie Gesterreichisch-Angarische Monarchie. (September 26.) 199 
ein reges Leben verleiht, aneifernd wirken und der Stadt wie dem Lande 
von bleibendem Nutzen sein wird. Möge das hunderttürmige Prag allen 
seinen Bewohnern stets eine glückliche, blühende Heimat sein!"“ 
Ferner sagt der Kaiser dem Ausstellungspräsidenten Grafen 
Kinsky: 
(Deutsch): „Mit aufrichtiger Genugthuung nehme Ich die Kundgebung 
loyaler Gesinnung, angestammter und unwandelbarer Treue, sowie der Freude 
über Meinen Besuch entgegen. Ich entbiete Ihnen hiefür Meinen herzlichen 
Dank. Gern bin Ich nach Prag gekommen, um Mich durch eigene An- 
schauung von den erfreulichen Fortschritten tüchtiger Arbeit auf allen Ge- 
bieten menschlichen Fleißes in Meinem geliebten Königreiche Böhmen zu 
überzeugen.“ (Tschechisch): „Der Erfolg dieser unter Meinem besonderen 
Schutze stehenden Ausstellung möge den gesunden Sinn der ganzen Bevölke- 
rung aneifern, alle Kräfte einzusetzen für das weitere, immer mächtigere Auf- 
blühen dieses herrlichen Landes, welches, von der Vorsehung reich gesegnet, 
nur durch einträchtiges Zusammenwirken beider Volksstämme zum vollsten 
Aufschwung gelangen wird.“ 
Beim Empfang der Vertreter der autonomen Körperschaften 
des Landes, Bezirksobmänner und Bürgermeister, antwortet der 
Kaiser auf die Ansprache des Oberstlandmarschalls, Fürsten Lob- 
kowitz: 
(Deutsch.) „Ich nehme Ihre huldigende Begrüßung und Versicherung 
altbewährter Anhänglichkeit an Mich und Mein Haus mit besonderem Wohl- 
gefallen und Danke entgegen. Mit Freuden nehme Ich ebenso die Erklärung 
zur Kenntnis, daß Sie auch weiter in treuer Pflichterfüllung das Ihrige 
leisten wollen im Interesse der autonomen Organe, welche geschaffen wurden, 
um im Wege der Selbstverwaltung für das Wohl und die Bedürfnisse des 
Landes zu wirken. Hocherfreut über den so überaus herzlichen Empfang in 
der Hauptstadt Meines geliebten Königreichs Böhmen, welche wieder zu be- 
suchen Mir lebhafte Genugthuung bereitet, spreche Ich Ihnen nochmals 
Meinen wärmsten Dank für die vielfachen Beweise Ihrer treuen Ergebenheit 
und Liebe aus und knüpfe daran die Versicherung, daß die Entwicklung und 
Förderung des geistigen und materiellen Wohles dieses Landes den Gegen- 
stand Meiner fortdauernden Fürsorge bildet."“ 
(Böhmisch.) „Mögen, dies hoffe und erwarte Ich, die unausgesetzten 
Bemühungen, den für das Wohl Meines geliebten Königreichs Böhmen, 
sowie für das Wohl des Reiches gleich notwendigen inneren Frieden in 
diesem schönen Lande zu erreichen, die hingebungsvolle und selbstlose Mit- 
wirkung aller patriotischen Männer finden. In diesen Bestrebungen kann 
Mein geliebtes Königreich Böhmen Meiner väterlichen Huld und Gewogen- 
heit stets gewärtig sein.“ 
Dem Bürgermeister Dr. Scholz gegenüber bringt der Kaiser 
die panflawistischen Kundgebungen in den Bahnhöfen beim Em- 
pfange fremder Ausstellungsgäste zur Sprache und bemerkt dabei 
mit großem Nachdruck, diese Demonstrationen hätten ihn sehr ge- 
schmerzt, dieselben seien unpatriotisch gewesen und er wünsche, daß 
sich solches nicht mehr wiederhole. 
An demselben Tage wird auf der Sophien-Insel bei Prag eine Ver- 
sammlung der tschechischen Bauernschaft aus Böhmen, Mähren und Schlesien 
 
	        
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