216 Pie Gesterreichisz-Augeariscze Menarthie. (Dezember 16.)
Polen, erklärt zum Schluß, von seinen Parteigenossen beauftragt
zu sein, ganz entschieden gegen die Aeußerungen Luegers zu prote-
stieren. Die Polen gingen von dem Standpunkte aus, daß die
Handelsverträge eines der größten Werke der zeitgenössischen Staats-
kunst und der gegenwärtigen Wirtschaftspolitik seien. Der wirt-
schaftliche Friedensbund, der jetzt geschlossen sei, bringe die zivili-
sierte Welt dem Ideale des ewigen Friedens viel näher, als alle
Beschlüsse der Friedenskongresse. Die Polen seien mit aller Ent-
schiedenheit für den Dreibund, wie er bestehe, weil sie darin eine
Gewähr des Friedens und die größte Gewähr der Stärke und Kraft
Oesterreichs erblickten. (Lebhafter Beifall.)
16. Dezember. (Wien: Abgeordnetenhaus.) Rede des
jungtschechischen Abgeordneten Gregr:
„Hätten unsere Vorfahren ahnen können, daß Böhmen zu nichts an-
derm als zur Zitrone des österreichischen Staates wird, dann wäre die Kö-
nigswahl 1526 anders gefallen. Die Regierung geht gegenüber den Tschechen
vor, als wollte sie Böhmen sobald als möglich für die preußische Annexion
zurichten. Durch seine Haltung gegen die Tschechen hat der österreichische
Staat schon längst die Existenzberechtigung verloren. Die Tschechen fühlen
sich in Oesterreich wie in einer babylonischen Gefangenschaft. Im Tschechen-
volke herrscht die Sehnsucht, aus dieser Gefangenschaft loszukommen. In
den Banden der deutsch-österreichischen Zentralisation müsse jedes slavische
Volk verdorren, wie in den Armen eines Vamphyhrs. Der österreichische
Staatsgedanke sei heute nichts anderes, als die Slaven zu Grunde zu richten.
„Oesterreich schließt die unnatürlichsten Bündnisse mit dem Erbfeind, klam-
mert sich krampfhaft an Deutschland, setzt die Existenz des Staates aufs
Spiel; nur aus Haß gegen die Slaven und aus germanischem Fanatismus,
welcher selbst die höchsten Kreise dieses Reiches schon vergiftet hat. Oester-
reich ist kein Rechtsstaat, ist den Slaven gegenüber ein Gewaltstaat. Man
wird das Tschechenvolk nicht ermüden. Will man gegen dasselbe Kanonen
ins Feld führen, wir fürchten sie nicht. Man erweckt Haß gegen diesen
Staat und macht dem Tschechenvolke die Kette immer unerträglicher.“
Nach diesen Worten erhebt sich der Vorsitzende, Herr v. Chlu-
mecky und erteilt in großer Erregung Gregr den Ordnungsruf.
Der Abg. Lienbacher tritt als Oesterreicher und Deutscher den
Ausführungen Gregrs entgegen und begrüßt die neuen Handelsver-
träge freudig, weil dieselben auf einem großen Gebiete eine Verein-
barung schüfen, wo die polititischen Freunde sich wie Feinde be-
handelt hätten.
Prinz Karl von Schwarzenberg drückt namens seiner Ge-
sinnungsgenossen, sowie der übrigen Tschechen, welche dem Jung-
tschechenklub nicht angehören, tiefe Entrüstung aus über die Be-
leidigung des patriotischen Gedankens vonseiten Gregrs:
Der Sieg des Hauses Habsburg auf dem Weißen Berge sei ein
Glück für Böhmen und die tschechische Nation gewesen; er könne versichern,