Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achter Jahrgang. 1892. (33)

Das Dentsqhe Reich und seine einzelnen Glieder. (Dezember 10.) 197 
in einem § 2 ausspricht, daß für die Dauer der Bewilligung der im § 1 
zu verabredenden Präsenzziffer — sie steht ja heute noch nicht fest — die 
zweijährige Dienstzeit garantiert wird. Dann sind beide Teile gesichert: die 
verbündeten Regierungen sind dagegen gesichert, daß der nächste Reichstag 
nicht bei einer neuen Vorlage die Präsenzziffer streicht, dafür aber die zwei- 
jährige Präsenzziffer bestehen bleibt; und der Reichstag ist gesichert, daß, 
solange ein Reichstag nicht unter die Ziffer heruntergeht, die dieses Jahr 
von ihm vereinbart wird, auch die Regierung nicht in der Lage ist, von der 
zweijährigen Dienstzeit sich wieder zu entfernen. 
Ich glaube, eine derartige Fassung, die ich heute bloß skizziere, gibt 
uns vollständig die Sicherheit, die wir haben müssen, und gibt der Regie- 
rung auch die Sicherheit, die sie ihrerseits auch verlangen kann. 
Dann, meine Herren, ist das Wörtchen „im allgemeinen“ hier ge- 
braucht. Jeder wird sich fragen: was heißt das? Ich muß sagen: wenn es 
sich um viele Tausende handelt, so sind ein paar Tausend, die man drei 
Jahre lang dienen läßt, immer noch kein Bruch des Gedankens, daß die 
zweijährige Dienstzeit im allgemeinen eingeführt sei. 
Wir werden in der Kommission uns darüber zu verständigen haben, 
in welcher Weise wir in den Worten des Paragraphen, den ich ins Auge 
gefaßt habe, auch gesetzlich festlegen, welche Bedingungen erfordert werden, 
um ein Abgehen von dieser zweijährigen Dienstzeit zu ermöglichen; mir ist 
es bis jetzt noch nicht klar, was man sich dabei im einzelnen gedacht hat, 
jedenfalls aber so allgemein kann der Ausdruck nicht stehen bleiben, ohne 
zu den allerschwersten Bedenken und Mißdeutungen namentlich im Lande 
Veranlassung zu geben. 
Da ist nun in Aussicht genommen eine Vermehrung der Etatsstärken 
der Bataillone, die jetzt schon bestehen. Ich muß sagen: wenn man sachlich 
irgend etwas zurückstellen kann, so ist es die Forderung einer Verstärkung 
des Etats der jetzt bestehenden Bataillone. Denn ich glaube, es wird da- 
durch am allerwenigsten irgendwie der Bestand der Armee in ihrer Tüchtig- 
keit in Frage gestellt, wenn die Bataillone auf dem Etat stehen bleiben, den 
sie jetzt haben. Ich deute eben Dinge an, die man wohl mit Fug und 
Recht abstreichen könnte. 
Es ist dann weiter vorgeschlagen die Bildung von vierten Bataillonen, 
und zwar von 173 vierten Bataillonen. Diese Mitteilung hat überall eine 
gewisse Beunruhigung hervorgerufen. Wir brauchen gar kein langes Ge- 
dächtnis zu haben, um uns zu erinnern, daß wir schon einmal vierte Ba- 
taillone hier aufmarschieren sahen, im Jahre 1887, und daß sie einige Jahre 
darauf zu Regimentern und weiteren Verbänden ausgewachsen sind. Nun 
ist im Publikum die Ansicht verbreitet: das wird wohl auch mit diesen 
Bataillonen so sein. Ich habe im Privatgespräch und sonst dagegen an- 
gekämpft; ich habe gesagt: das ist gar nicht möglich, woher soll man denn 
überhaupt die Mannschaft nehmen, um diese vierten Bataillone, wie sie hier 
sind, von 195 Mann Etat auf die volle Zahl von 500 bis 600 Mann zu 
bringen. Man braucht bloß einmal 300 mit 173 zu multiplizieren, so be- 
kommt man ein Bild davon, was da nötig ist, und ich kann wohl sagen: 
diese Leute gibt es nicht. Darauf wurde mir aber gesagt: ja, so naiv sind 
wir nicht mehr, daß wir so etwas glauben; das wird schon kommen. Man 
wird die Bedingungen für die Einstellungsfähigkeit herabmindern und dann 
wird man schon dahin kommen, auch diese vierten Bataillone zu stärkeren 
Bataillonen auszugestalten, und dann werden diese vierten Bataillone zu 
Regimentern formiert, und am Ende haben wir den Verdy'schen Plan in 
aller Schönheit vor uns. 
Ich führe das nicht an als meine Ansicht, aber als eine Ansicht, 
 
	        
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