Die Oesterreitis·Angarise Monarchie. (Mai 14.) 225
und Goldbarren nach dem gesetzlichen Münzfuße der Kronenwährung jeder—
zeit gegen Banknoten einzulösen. Durch den fünften Gesetzentwurf wird der
Finanzminister ermächtigt, eine Anleihe zur Beschaffung von effektivem Gold
zum Zwecke der Ausprägung aufzunehmen. Die Aufnahme der Anleihe soll
mittelst Begebung vierprozentiger steuerfreier österreichischer Goldrente ge-
schehen; und zwar sollen an effektivem Golde 183,456,000 österreichische
Goldgulden erlöst werden. Der erlöste Goldbetrag ist sofort in Landes-
goldmünzen der Kronenwährung auszuprägen und in gesonderte Verwahrung
zu legen. Die Verfügungen über diese Erlage können nur legislatorisch
getroffen werden. Zur Kontrolle hierüber ist die Staatsschuldenkommission
des Reichsrates berufen, welcher die Gegensperre über den Erlag eingeräumt
wird. Ueber die Ordnung der schwebenden Schuld in Partialhypothekar-
anweisungen und der dieselben in der Zirkulation ersetzenden Staatsnoten
ist rechtzeitig eine besondere Gesetzvorlage einzubringen.
In den Motiven der ungarischen Vorlage wird erwähnt, der
Finanzminister habe aus den Kassenbeständen 45 Millionen Goldgulden
angeschafft; somit seien zur Einlösung der Staatsnoten gemäß dem für
Ungarn bestimmten OQuotenverhältnisse weitere 33 /10 Millionen erforderlich.
Diese Beträge würden ausreichen, wenn die Zahlungsbilanz Oesterreichs und
Ungarns in den nächsten Jahren aktiv sein würde. Sollten die Exportver-
hältnisse der Monarchie sich ungünstig gestalten, so würde die Notwendigkeit
weiterer Goldkäufe eintreten.
Im österreich. Abgeordnetenhaus bezeichnet Finanzminister
Dr. Steinbach als Hauptaufgabe die Stabilisierung der österreichischen
Währung. Vorerst werde nur die Feststellung der Kronenwährung vorge-
schlagen. Die obligatorische Einführung derselben und alles damit im Zu-
sammenhang stehende bis zur Aufnahme der Barzahlungen bleibt künftig
legislativen Schritten vorbehalten, welche mit der Entwickelung der Sache
eintreten müssen. Man solle nicht unbedacht vorgehen. Der Minister ver-
weist auf zweierlei kontradiktorische Strömungen; die eine verlangt die
faktische Einstellung der Prägung des weißen Metalls für Privatrechnung
wieder aufzugeben, damit die österreichische Papierwährung auf den Standard
des Silbers heruntersinke. Dieser Standpunkt des absoluten Schuldeninter-
esses würde eine Steigung des Agios auf 50 somit eine Preisrevolution
zur Folge haben. Die zweite Richtung wartet die Rehabilitierung des
Silbers ab, womit das alte Verhältnis des Silbers zum Golde wieder her-
gestellt würde. Diesen Strömungen gegenüber erklärt der Minister, er wolle
weder das Fallen noch das Steigen des österreichischen Geldwertes. Die
österreichische Währung solle von den Schwankungen des Silberpreises los-
gelöst werden. Einerseits soll die weitere Ausprägung von Silbergulden
beschränkt, beziehungsweise eingestellt, andrerseits die Zukunftswährung der-
art an das Gold angeschlossen werden, daß das Gold der Wertmaßstab der
künftigen österreichischen Währung werde. Was die Relation anlangt, so
ist dieselbe gesetzlich so festgestellt, daß auf ein Kilo Münzgold 2952 Kronen,
demnach auf ein Kilo Feingold 3280 Kronen gehen. Der zweite hierher
gehörige Satz stellt fest, daß mit einem bestimmten Quantum Goldes jede
in österreichischer Währung zu leistende Zahlung entrichtet werden kann.
Würde die Relation nicht festgesetzt, so würde der Staat in die alleraus-
gedehnteste Valutaspekulation hineingebracht werden. Gewählt wurde der
Durchschnittskurs seit 1879. Unmöglich war es, die entgegengesetzten Inter-
essenstandpunkte zu sanktionieren. Der Minister rechtfertigt, warum die
gegenwärtigen Valutavorlagen eingebracht werden; erstens mit Rücksicht
auf den Abschluß der Handelsverträge, ferner mit Rücksicht auf den Auf-
schwung der produzierenden Klassen Oesterreichs, welche ein Anrecht darauf
Europ. Geschichtskalender Bd. XXXIII. 15