Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Achter Jahrgang. 1892. (33)

Schneiz. (Ende August—Anf. Oktober.) 287 
tarischen Friedens-Konferenz. Aus Deutschland nehmen 27 Ab- 
geordnete teil. 
Der Kongreßsekretär Pandolfi erstattete den Bericht über das seit 
der vorigen Konferenz von ihm geführte Generalsekretariat. Den ersten 
Gegenstand der Beratung bildete die Frage der Errichtung eines inter- 
nationalen Schiedsgerichts. Zu demselben liegen drei verschiedene Vorschläge 
vor: von Dr. Max Hirsch, dem Berner Nationalrat Hilty und von Tardieux- 
Frankreich. Der am weitestgehende Vorschlag war der von Max Hirsch 
auf Errichtung eines ständigen Schiedsgerichts. Hilty betonte, daß die Kon- 
ferenz, wolle sie etwas erreichen, auch wirkliche Beschlüsse fassen müsse. Er 
hielt die Errichtung eines permanenten internationalen Schiedsgerichtshofes 
für unmöglich, da die einzelnen Fälle sehr verschieden seien. Max Hirsch 
betrachtete gerade die Errichtung eines permanenten Schiedsgerichtshofes als 
die wirksamste Förderung der Arbitration und bemerkte, die rechtmäßig 
erworbenen Provinzen köunten niemals den Gegenstand eines Schieds- 
gerichtsspruches bilden. Die Zeit werde nicht fern sein, da man den Krieg 
als einen Anachronismus betrachte. Die Epoche der Kabinettskriege sei 
vorüber, denn die Regierungen selbst hätten gewaltige Scheu vor Kriegen. 
Um die Sache nicht zu gefährden, zog aber schließlich Dr. Hirsch seinen 
Antrag zurück, denjenigen des Abgeordneten Tardieux zur Annahme 
empfehlend. Derselbe lautet, daß die Mitglieder jedes bei der Konferenz 
vertretenen Parlamentes die Versammlungen, welchen sie angehören, ersuchen 
sollen, daß ihre Regierungen den Vorschlag der Vereinigten Staaten, be- 
treffend den Abschluß dauernder Schiedsgerichtsverträge, in ernste Erwägung 
ziehen. Auf Vorschlag von Dr. Hirsch wurde die Angelegenheit einer Sub- 
kommission zur Prüfung überwiesen. In die Subkommission wurden ge- 
wählt Hirsch, Tardieux, Hilty, Stanhope, Pirquet. 
In der zweiten Sitzung nahm die Friedenskonferenz einstimmig 
folgenden Antrag des deutschen Reichstagsabgeordneten Baumbach an: „Die 
Konferenz ersucht die Mitglieder, in den Parlamenten, denen sie angehören, 
zu beantragen, ihre Regierungen einzuladen, durch eine internationale Kon- 
ferenz das völkerrechtliche Prinzip der Unverletzlichkeit des Privateigentums 
auf dem Meere in Kriegszeiten anzuerkennen.“ 
Ende August. (Bern.) Bei der Bundeskanzlei werden 71,246 
Unterschriften für das Initiativbegehren abgegeben, wonach in die 
Bundesverfassung die Bestimmung aufgenommen werden soll, daß 
das Schlachten von Tieren ohne Betäubung vor der Blutentziehung 
ausnahmslos untersagt ist. Die Bestimmung richtet sich gegen das 
Schächten der Juden. 
2. Oktober. Im Kanton Tessin wird die neue Verfassung 
mit etwa 12,000 gegen 5000 Stimmen angenommen. 
Anf. Oktober. Der schweizerische Bundesrat richtet an sämt- 
liche Staaten ein Rundschreiben, in welchem er dieselben zu einer 
etwa Anfang nächsten Jahres in Bern abzuhaltenden Konferenz 
einladet behufs Besprechung des Beschlusses der „Société de droit 
international“ in Brüssel, wonach ein internationales Bureau in 
Bern geschaffen werden soll, welches sämtliche Verträge veröffentlicht.
	        
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