Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zehnter Jahrgang. 1894. (35)

96 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (März 10.) 
tung der Geschäfte des Kriegsministeriums, soweit sie Rechtsangelegenheiten 
betreffen, bezw. die Abgabe von Rechtsgutachten — Angelegenheiten des 
öffentlichen Rechts, des streitigen Privatrechts, der freiwilligen Gerichtsbar- 
keit, Defekts- und Kautionsangelegenheiten, Kompetenzkonflikte, Vermögens- 
nachweise u. s. w. 
10. März. (Reichstag.) Der Führer der polnischen Reichs- 
tagsfraktion v. Koscielski legt sein Mandat nieder. 
10. März. (Reichstag.) Zweite Beratung des russischen 
Handelsvertrags. 
Auf eine Anregung des Abg. Hasse (nl.), die Staffeltarife bereits 
am 1. August aufzuheben, erklärt Reichskanzler Graf Caprivi, gegen den 
1. August lägen wesentliche Bedenken nicht vor; voraussichtlich würden die 
Staffeltarife für die Dauer des Handelsvertrages aufgehoben werden, aber 
eine bindende Verpflichtung könne die preußische Regierung nicht eingehen. 
Abg. Liebermann v. Sonnenberg (Antis.) erwartet von dem Handels- 
vertrag eine größere Einwanderung russischer Juden und stimmt deshalb 
gegen den Vertrag, ferner erklären sich dagegen v. Hammerstein (kons.), 
ilpert (bayer. Bauernbund), dafür Prinz Radziwill (Pole), Richter (srs. 
VP.). In namentlicher Abstimmung wird Art. 1 des Vertrages mit 200 
gegen 146 Stimmen angenommen. 
Geschlossen stimmen dafür die Sozialdemokraten, die freisinnigen 
Gruppen, die süddeutsche Volkspartei, die Polen, Welfen und Elsässer; die 
Mehrheit des Zentrums; die Nationalliberalen mit 16 Ausnahmen; von 
der Reichspartei: Baumbach, Dr. Höffel, Krupp, Leuschner, Merbach, Meyer- 
Danzig, Müller-Harburg, Schultz-Lupitz, Frhr. v. Stumm; ferner von den 
Konservativen: Prinz Hohenlohe-Oehringen, der Hospitant Frhr. Zorn 
v. Bulach und die Wildkonservativen: Prinz Hohenlohe-Schillingsfürst, 
Graf Dönhoff, Pöhlmann und Uhden. 
Gegen Artikel 1 stimmen geschlossen die Antisemiten, die Deutsch- 
Konservativen mit den erwähnten Ausnahmen und die Mehrheit der Reichs- 
partei. Vom Zentrum die Abgg. Bäuerle, Bender, Bumiller, Burger, 
Conrad, Deuringer, Haus, Graf Hompesch, Horn, Hubrich, Krebs, Klose, 
v. Lama, Lehemeier, Lehner, Leonhard, Lerno, Mayer-Landshut, Moritz, 
Müller-Fulda, Nadbyl, Neckermann, Dr. Pichler, Pingen, Reindl, Rembold, 
Rudolphi, Dr. Schädler, Schmid-Immenstadt, Schmidt-Warburg, Schöpf, 
Steininger, Weber, Wenger, Wenzel, Wildegger, Witzlperger, Zott. — Von 
den Nationalliberalen: Bantleon, Bayerlein, Brunck, Dr. Friedberg, Günther, 
Dr. Hahn, Frhr. v. Heyl, Hosang, Dr. v. Marquardsen, Münch-Ferber, 
Graf Oriola, Dr. Paasche, Schulze-Henne, Schwerdtfeger, Weber-Heidelberg, 
Walter. — Ferner geben ihre Stimme gegen Artikel 1 ab die Mitglieder 
des Bayerischen Bauernbundes Bachmeir, Bruckmaier, Hilpert, sowie die 
fraktionslosen Abgeordneten Graf Bismarck-Schönhausen, Mentz und Dr. Sigl. 
Die übrigen Artikel werden nach längerer Debatte, in der Gr. Mir- 
bach (Dk.) und Frhr. v. Hammerstein (Dk.) die Aufhebung der Staffel- 
tarife bedauern, ohne namentliche Abstimmung angenommen. (13. März.) 
10. März. Deutschland auf der Chicagoer Ausstellung. 
Der „Reichs-Anzeiger“ meldet: Der amerikanische Botschafter General 
Th. Runyon drückte der kaiserlichen Regierung im Auftrage des Präsidenten 
Cleveland die Anerkennung der Regierung und des Volkes der Vereinigten 
Staaten für die großartige Beteiligung Deutschlands an der Chicagoer 
Weltausstellung aus. 
 
	        
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