158 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Sept. 24.—26.)
einigten Staaten von Nordamerika die deutschen Warenbezeichnungen im
gleichen Umfange wie die inländischen zum gesetzlichen Schutz zugelassen sind.
24. September. (Kiel.) Gedächtnistafel.
Feierliche Enthüllung der vom Kaiser gestifteten Gedächtnistafel
in der Marine-Garnisonkirche zu Ehren der auf dem Panzerschiffe „Bran-
denburg" am 16. Februar umgekommenen Mannschaften in Gegenwart
des Prinzen Heinrich. (Vgl. 17. Februar.)
26. September. (Polenfrage.) Der „Berl. Börsen-Kourier“
veröffentlicht folgende Äußerungen des Erzbischofs v. Stablewski
gegen den Artikel der „Köln. Ztg.“ vom 20. September:
„In jüngster Zeit ist in einem Teile der Presse eine förmliche Polen-
hetze in Szene gesetzt worden. Wegen harmloser, gleichgültiger, ja wegen
selbstverständlicher Vorgänge hat man mich angegriffen, hat man hohe
Staatsbeamte, bürgerliche wie militärische Würdenträger mit Vorwürfen
überhäuft und sie verdächtigt, bloß weil sie sich wie wohlerzogene vornehme
Männer benommen und mit mir freundlichen Verkehr und gutes gesell-
schaftliches Einvernehmen zu unterhalten verstanden haben. In erster Reihe
sind der kommandierende General des 5. Armeekorps v. Seeckt, der Ober-
präsident v. Wilamowitz-Möllendorf und der Regierungspräsident Himly die
Zielpunkte mannigfacher Verdächtigungen und Unterstellungen gewesen. Wo-
her die Angriffe kommen, leuchtet aus den Zeitungen nicht hervor, die sich
zu ihrem Sprachrohr machen; doch „ich kenne die Weise, ich kenne den
Text, ich kenne auch die Verfasser".
(Folgen einige persönliche Bemerkungen über Herrn Kennemann, den
Führer der Posener auf der Varziner Huldigungsfahrt.)
Man erzählt, daß auf dem Schlosse eines polnischen Grafen das
Hissen einer deutschen Fahne verweigert worden sei, während General-
inspektor Prinz Georg von Sachsen und der kommandierende General dort
in Quartier lagen. Ich weiß nicht, ob dies zutreffend ist, und ich glaube
es nicht. Als der Prinz bei mir zu Gaste war, wehte die Fahne auf meiner
Residenz. Daß aber zwischen den Offizieren und den polnischen Gutsbesitzern
in den Garnisonen und im Manöver die herzlichsten Beziehungen herrschten,
wie sie die Gesetze der guten Gesellschaft zwischen Wirten und lieben Gästen
vorschreiben, dafür hat es an Beweisen nicht gefehlt. Als jüngst der Oberst
eines posener Regiments im hiesigen zoologischen Garten seine Ouartier-
geber aus dem Manöver erblickte, ließ er sie von der Militärmusik durch
den Vortrag polnischer Liederweisen begrüßen. Er ist deswegen nicht we-
niger ein wackerer Soldat und guter Patriot, und sicher hätte er es nicht
gethan, wenn in dem Verkehr mit den landsässigen Polen irgend etwas
hervorgetreten wäre, was sein unzweifelhaft königstreues Empfinden hätte
verletzen können.
Ich selbst werde mit mißtrauischen und mißwollenden Augen über-
wacht, und wer mich nicht mit Mißwollen ansieht, gilt schon deshalb für
verdächtig. Jedes harmlose Wort wird mißdeutet, jede herkömmliche Hand-
lung, die sonst nie auffällig erschien, wird als planvolles Beginnen zu einem
geheimnisvollen, spezisisch polnischen Zwecke hingestellt. Ich sage bei einer
Inspektion einem deutschen Lehrer, der über die Schwierigkeit der Erlernung
der polnischen Sprache klagte, in absichtsloser Freundlichkeit: „Heiraten Sie
ein polnisches Mädchen und Sie werden schnell genug polnisch verstehen“,
und sofort berichten gewisse Zeitungen, daß ich meine Inspektionsreisen zu
polnischer Propaganda selbst im einzelnen benutze! Wenn ich durch meine
Diözese fahre, werde ich von Berittenen in stattlicher Zahl eingeholt und