Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zehnter Jahrgang. 1894. (35)

Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Dezember 14.) 195 
Dezember. über die deutsche Zuckerindustrie stellt die 
„Nordd. Allg. Ztg.“ folgende Angaben zusammen: 
Mit der Verarbeitung von Rüben zur Zuckergewinnung haben sich 
in der Kampagne 1893/|94 in Deutschland 405 Fabriken befaßt, vier mehr 
als in der vorhergegangenen Kampagne. Verarbeitet wurden 10,644,352 To. 
(1892/93 9,811,940 To.) Rüben, und hiervon waren etwa 12 péCt. von den 
Fabriken selbst gewonnen und 33½ péCt. von den Aktionären vertrags- 
mäßig geliefert. Die verarbeiteten Rüben sind geerntet worden auf 386,481 
Hektar (1892 auf 352,015 Hektar), so daß als durchschnittlicher Ertrag der 
Rübenernte für 1893 eine Menge von 27,5 To. sich ergibt (1892 27,9 To.). 
Das Ergebnis der Rübenernte war infolge der ungewöhnlichen Trockenheit 
des Jahres 1893 und teilweiser Beschädigung durch Insekten in den ver- 
schiedenen Bezirken ungleich, in vielen zufriedenstellend, in anderen dagegen 
gering, in einigen sogar eine vollständige Mißernte. Der Durchschnittspreis 
von 100 Kilogr. Kaufrüben ist zu 2,12 M. ermittelt worden. Der Zucker- 
gehalt der 1893 geernteten Rüben war meist gut, weshalb die Ausbeute 
eine verhältnismäßig hohe war; im Durchschnitt waren zu 1 To. Rohzucker 
nur 8,09 To. Rüben erforderlich gegen 8,35 To. 1892/93. Gegen Entrich- 
tung des Eingangszolles sind an ausländischen Erzeugnissen 448 To. Raf- 
finaden, 600 To. Rohzucker und 120 To. Syrup, gegen Entrichtung der 
Zuckersteuer an inländischen Erzeugnissen 515,642 To. feste Zucker und 407 To. 
Zuckerabläufe in den freien Verkehr gesetzt worden. Nach dem Zollausland 
wurden mit Anspruch auf Ausfuhrzuschuß ausgeführt 436,675 To. Zucker 
der Klasse a (Rohzucker und Raffinaden unter 98 pCt. Zuckergehalt), 255,088 
Tonnen der Klasse b und 6256 To. der Klasse c; die Zucker der Klasse a 
gingen vorwiegend nach Großbritannien (250,149 To.), den Vereinigten 
Staaten von Amerika (105,245 To.), den Niederlanden (40,261 To.), dem 
Hamburger Freihafen (12,061 To.), Britisch-Nordamerika (7.946 To.) und 
Italien (5.258 To.), die der Klasse b namentlich nach Großbritannien 
(209,717 To.), Rußland (6.719 To.), Dänemark (6.574 To.), Schweden (5.484 
Tonnen) und Norwegen (5.211 To.). Der Zuckerverbrauch im deutschen Zoll- 
gebiet ist zu 516,630 To. Konsumzucker oder 10,1 Kilogr. auf den Kopf 
der Bevölkerung ermittelt, gegen 501,319 To. oder 9,9 Kilogr. auf den Kopf 
im Jahre 1892/93 und 9,0 Kilogr. auf den Kopf im Durchschnitt der Jahre 
1886/87 bis 1893,94. 
14. Dezember. (Preußen.) Der Justizminister Schönstedt 
sordert in einer Verfügung dringend die Beschleunigung der 
Strasfsachen. 
Dezember. Die Presse über die strafrechtliche Verfolgung 
Liebknechts. (Vgl. 6., 11. und 15. Dezember.) 
Die „Nordd. Allg. Ztg.“ führt aus, daß der § 30 der Reichs- 
verfassung „Kein Mitglied des Reichstages darf zu irgend einer Zeit wegen 
seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung seines Berufes gethanen 
Aeußerungen gerichtlich oder disziplinarisch verfolgt oder sonst außerhalb 
der Versammlung zur Verantwortung gezogen werden", nicht anwendbar 
sei auf die im Sitzenbleiben beim Hoch auf den Kaiser liegende revolutionäre 
Demonstration, die vielmehr ganz unabhängig von dem Privilegium der 
Redefreiheit dastehe, also strafrechtlich verfolgbar sei. 
Die „Volks-Ztg.“ und „Berl. Ztg.“ erklären das Sitzenbleiben 
für Meinungsäußerung und also straffrei; die „Boss. Ztg.“ meint, die 
Verfolgung sei gegen den Sinn des Gesetzes. Der „Hamb. Korr.“ hält 
13*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.