Bie Gesterreichisch-Augerische Monarchie. (Februar 22.—März 16.) 203
merkbar, so daß sich auch der Boden der Landtage als für die Verwirk-
lichung des Gedankens der Parteien-Koalition fruchtbar erwiesen zu haben
scheint. Im Zusammenhang damit war auch die Ausbeute an Arbeits-
ergebnissen größer, als seit langer Zeit. Die Zahl der fertiggestellten Ge-
setze, die den Kronländern Verbesserungen bringen betreffs des Lokalbahn-
und Straßenwesens, der Landwirtschaft, des Sanitätswesens und der Schul-
angelegenheiten, ist ungleich größer, als fie die Landtagsverhandlungen der
letzten Jahre aufzuweisen hatten.
22. Februar. (Wien.) Das Abgeordnetenhaus beginnt seine
Sitzungen.
25. Februar. Oberbürgermeister von Wien, Dr. Prix, k.
27. Februar. Der Kaiser nach Mentone. Ankunft am 1. März.
(S. Frankreich.)
27. Februar. (Wien.) Abgeordnetenhaus.
Ministerpräs. Fürst Windischgrätz erklärt anläßlich einer jung-
tschechischen Interpellation, er könne den Ausdruck „böhmische Frage“ nicht
acceptieren. Er wird deshalb von den jungtschechischen Blättern heftig an-
gegriffen, während ihm konservative böhmische Zeitungen zustimmen.
5. März. Ungarische Kirchenpolitik.
Eine Versammlung von über 100,000 Personen demonstriert für die
Kirchenpolitik der Regierung. Es wird ein Begrüßungstelegramm an den
König und eine Petition an die Häuser des Reichstags beschlossen.
Februar. März. Österreichisch-russischer Handels-
vertrag.
In den Verhandlungen zwischen Oesterreich und Rußland stößt vor-
nehmlich die russische Forderung, den Getreidezoll auf einen Gulden herab-
zusetzen, auf Schwierigkeiten. Die provisorische Regelung der Handels-
beziehungen wird vom österreichischen Abgeordnetenhause nach kurzer De-
batte angenommen (9. März); das ungarische Abgeordnetenhaus genehmigt
die Vorlage ebenfalls, nachdem Finanzmin. Wekerle erklärt hat, von einer
Herabsetzung der Zölle für landwirtschaftliche Produkte sei keine Rede (14.
März). Das Herrenhaus in Wien und das Oberhaus in Pest stimmen der
Vorlage zu (14. März).
März. (Osterreich.) Wahlreformpläne.
Die Regierung will eine neue Kurie von 43 Abgeordneten schaffen,
gewählt von den kleinsten Steuerzahlern, die weniger als fünf Gulden
Steuer zahlen, und den Arbeitern, die in die Krankenkassen eingeschrieben
sind. Diese Bestimmung würde die ländlichen Arbeiter ausschließen, da die
Krankenkassen nur für die Industriearbeiter vorgeschrieben find. Die Linke
und die Polen find hiermit einverstanden, Graf Hohenwart will dagegen
die Stimmen des Großgrundbesitzes und der Handelskammern in der bis-
herigen Anzahl belassen, aber die Stimmen des Bürger= und Bauernstandes
um 1½ vermindern. Ferner sollen / der Abgeordneten nicht direkt durch
die Wähler, sondern durch die Landtage, ½ durch Volkswahl in den Reichs-
rat entsandt werden.
16. März. Der Kaiser verläßt Mentone, Depeschenwechsel
mit Carnot, s. Frankreich.