Bie Gesterreihisch-Auserische Monarcie. (September 16.—17.) 223
16. September. (Pest.) Der Kaiser empfängt die Delegationen
und erwidert auf die Ansprachen der Vorsitzenden folgendes:
„Die Versicherungen Ihrer treuen Ergebenheit, die Ich soeben ver-
nommen habe, erfüllen Mich mit aufrichtiger Genugthuung, und Ich sage
Ihnen hierfür Meinen herzlichen Dank. Es gereicht Mir zur lebhaften
Befriedigung, daß die Zuversicht, die Ich, als die Delegationen das letzte
Mal versammelt waren, auf die Erhaltung und Konsolidierung des Frie-
dens aussprach, in der heutigen beruhigteren europäischen Lage ihre Be-
stätigung findet, und daß die sehr freundschaftlichen Beziehungen, die wir
mit allen Mächten pflegen, zu der Hoffnung berechtigen, daß wir auch
fernerhin uns ungestört der Entwickelung und Förderung der Wohlfahrt
unserer Völker werden widmen können. Immerhin bleibt es eine Not-
wendigkeit und Meine Regierung hält es gleich den anderen Mächten für
ihre Pflicht, in der Fortentwickelung der Wehrkraft der Monarchie keine
Unterbrechung eintreten zu lassen. Die Voranschläge Meiner Kriegsver-
waltung sind dementsprechend in dem Rahmen der den Delegationen im
vorigen Jahre bekannt gegebenen, für die nächsten Jahre in Aussicht ge-
nommenen orgonisatorischen Progression gehalten, wobei eine gewissenhafte
Rücksichtnahme auf unsere finanziellen Verhältnisse zur Grundlage genommen
wurde. Bosnien und die Herzegowina werden auch im Jahre 1895 in der
Lage sein, die Auslagen ihrer Verwaltung aus den eigenen Einnahmen
vollständig zu bestreiten. Indem Ich die Prüfung der Ihnen zugehenden
Vorlagen Ihrer bewährten patriotischen Einsicht empfehle, rechne Ich darauf,
daß Sie Meine Regierung durch Ihre vertrauensvolle Mitwirkung unter-
stützen werden und heiße Sie freundlich willkommen.“
17. September. Der Kaiser reist von Pest nach Balassa
Gyarmat. Ansprache Vaszarys. Antwort des Kaisers.
Der Fürstprimas Vaszary empfängt den Kaiser an der Spitze des
römisch-katholischen Klerus, begrüßt ihn als Friedensfürsten und fährt dann
fort: „In dem unlängst durchgefochtenen geistigen Kampfe verteidigten wir
das aus dem Dogma stammende Recht unserer Kirche, nicht nur nach un-
serer Religion, sondern auch nach unserer besten Ueberzeugung im Interesse
des Vaterlandes und des Thrones. Wenn wir auch über die Möglichkeit,
dieses Rechtes verlustig zu werden, weiter besorgt sind, kann dies doch un-
sere tiefste Unterthanenhuldigung und Treue nicht erschüttern. Wir bitten
Gott, Eurer Majestät den wahren Pfad zu zeigen, auf dem Eure Mojestät
Ihre Völker lange, lange Zeit hindurch zur ewigen und zeitlichen Quelle
des Wohlergehens führen möge. Wir bitten, uns die königliche Gnade auch
fernerhin zu bewahren.“
Der Kaiser erwidert: „Ich bin überzeugt, daß die Geistlichkeit un-
frer heiligen Kirche ihre traditionellen Bürgertugenden auch fernerhin sorg-
sam bewahren wird, und versichere Sie Meiner unveränderlichen Gnade.“
Den Vertretern der übrigen Konfessionen sagt er, in seinem Herzen bilde
der Unterschied der Religion seinen Völkern gegenüber keine Scheidewand;
7 alle könnten jederzeit auf seine königliche Gnade und seinen Schutz
rechnen.
17. September. (Pest.) Budgetausschuß der österreichischen
Delegation. Kälnokys Rede.
Bei der Beratung des Budgets des Ministeriums des Auswärtigen
sprechen die meisten Redner ihr Einverständnis mit der auswärtigen Politik
aus, nur der Jungtscheche Pacak bekämpft den Dreibund und verweigert