12 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 11.)
resp. Regie ein größeres Arbeitsquantum geleistet wird; aber wenn die
Zahl von 160,000 so absolut richtig wäre, so könnte eine solche Differenz
von 40 bezw. 16 zu 9 nicht bestehen. Nach dem Geschäftsbericht der Tabaks-
berufsgenossenschaft existieren in Deutschland nur 4582 Betriebe mit 107,452
Arbeitern. Der Grund zu der Annahme von 160,000 Arbeitern liegt viel-
leicht in Folgendem. Bei der Berufsgenossenschaft der Tabaksarbeiter
rechnet man nämlich pro Jahr nur 225 Arbeitstage, weil notorisch der
Tabaksarbeiter in großem Umfange auch landwirtschaftliche und andere
Nebenarbeiten verrichtet, während in den anderen Betrieben durchschnittlich
280 Arbeitstage gerechnet werden. Von diesen 225 Arbeitstagen ist man
nun auf 140,000 Arbeiter gekommen, hat noch eine geschätzte Zahl von
Hausarbeitern addiert und kam so zu der Zahl von 160,000. Durch diese
Gegenüberstellung von 107- und 160,000 Arbeitern und dadurch, daß
nur 225 Arbeitstage zur Anwendung kommen, folgt, daß, während die
Zigarrenarbeiter in den Monopolländern lediglich Zigarrenarbeiter sind,
sie bei uns zum größten Teil in der Hauptsache ländliche Arbeiter
sind und nur in der Nebenbeschäftigung Zigarrenarbeiter, namentlich in
Süddeutschland und in den westlichen Provinzen. Wenn nun wirklich
ein Konsumrückgang stattfindet und eine geringe Arbeiterentlassung ein-
treten müßte, so würden doch alle die Arbeiter, die nebenbei in landwirt-
schaftlichen Betrieben thätig sind, jeden Tag dort Beschäftigung finden
und zwar deshalb, weil in den Gegenden, wo die Zigarrenindustrie blüht,
ein fürchterlicher Mangel an ländlichen Arbeitern ist; dorthin gehen ja
gerade die Sachsengänger aus den östlichen Provinzen. Wenn die jugend-
lichen Arbeiter in Feld und Wald arbeiten würden, so würde das auf sie
wie eine Ferienkolonie wirken. (Sehr richtig! rechts.) Von den 107,000
versicherungspflichtigen Tabaksarbeitern, die überwiegend daraus ihren Lebens-
unterhalt erwerben, sind nämlich der fünfte Teil, etwa 22,000, jugendliche
Arbeiter unter 20 Jahren. Glauben Sie nun wirklich, daß, wenn ein
Teil der Leute zur Entlassung kommt, das eine Existenzfrage für sie ist?
Diese werden in der Landwirtschaft in Hannover, Westfalen, Sachsen und
Süddeutschland Arbeit finden. Die Sachsengängerei wird abnehmen.
(Rufe links: Hat der Mann eine Ahnung!) Wenn vorübergehend Arbeiter-
entlassungen notwendig sein sollten, so werden die Tabaksfabrikanten bei
ihrer humanen Gesinnung nicht die alten, sondern die jugendlichen Arbeiter
entlassen. (Lachen links. Rufe: Haben Sie Ahnung!) Was nun die
Kontrollbestimmungen betrifft, so bestehen sie in dem Steuerverschluß des
Rohmaterials, in einer Buch- und einer Bestandskontrolle. Die Agitation
hat sich besonders gegen den Steuerverschluß des Rohtabaks gerichtet. Man
hat dabei vergessen, daß der Rohtabak, soweit er ausländischer Herkunft ist,
im Interesse der Zollerhebung schon jetzt überwiegend unter Zollverschluß
liegt. Ueberdies wird im Inlande die Ueberwachungsgebühr, die jetzt von
den Händlern bezahlt werden mußte, in Zukunft der Reichskasse zur Last
fallen. Eine Buchkontrolle und eine Bestandskontrolle hat man auch in
Amerika. Man hat ferner gegen die Kontrollvorschriften eingewendet, daß
sie die Gefahr in sich tragen, daß Fabrikationsgeheimnisse u. dgl. verraten
werden. Sie können das Vertrauen zu den verbündeten Regierungen haben,
daß die Geheimnisse, wie das in den Motiven ausdrücklich verheißen ist,
bewahrt werden. Wenn ferner die anderen Industrieen, wie z. B. durch
das Branntweinsteuergesetz, das Zuckersteuergesetz u. s. w. sich diese ein-
gehende Kontrolle gefallen lassen müssen, dann kann es auch die Tabaks-
industrie, dafür werden die Tabakspflanzer von der lästigen Feldkontrolle befreit.
Die Hausindustrie wird, da bei Einführung des Fabrikatsteuergesetzes zum
Konsum billigerer Zigarren übergegangen wird, gerade daraus einen Vor-