230 Vie Oefterreithisch-Augarische Menarthhie. (September 19./20.)
ungarische Regierung für den Fall der Papstwahl für die vollkommene Un-
abhängigkeit des Konklave Sorge tragen und gegenüber gewissen Kandidaten
für den heiligen Stuhl das jus sententiae exclusivae in Anspruch neh-
men wolle.
Minister des Auswärtigen Graf Kälnoky: Er lege großen Wert
auf die Art und Weise, mit welcher die Vorredner über die Beziehungen
Oesterreich-Ungarns zu Rumänien sich äußerten, und es gereiche ihm zur
Befriedigung, daß der Wert dieser guten Beziehungen allseits anerkannt
wurde, sowie, daß auch die Schwierigkeiten vollauf gewürdigt wurden, mit
denen die rumänische Regierung zu kämpfen hat. Er glaube, diese Art
der Diskussion werde in Rumänien jedenfalls einen nützlichen Eindruck
machen; ihm selbst sei die Besprechung der Angelegenheit, obwohl dieselbe
heikler Natur sei, nichts weniger als ungelegen, denn er erwarte von der-
selben eine Klärung der Situation nach allen Seiten hin. Er habe bei
seinem Amtsantritt die Frage, betreffend die Beziehungen zu Rumänien,
vorgefunden und könne versichern, daß er seither diese Frage mit steter
Aufmerksamkeit verfolgt habe und daher jetzt keineswegs einer lediglich
momentanen Auffassung Ausdruck gebe. Schon die allgemein übliche Be-
zeichnung „Romania irredenta“ zeige die Methode der Agitation, die keines-
wegs originell sei, sondern eine einfache Nachahmung von Italien. In
Numänien werde die italienische Irredenta kopiert. Er habe in Rumänien
genau dieselben Erfahrungen gemacht wie in Italien, je bessere Beziehungen
Oesterreich-Ungarn mit der Regierung unterhalte, desto mehr verfiege die
Wirksamkeit der Irredenta, letztere erhebe aber sofort ihr Haupt, wenn sie
vermute, daß zwischen den Regierungen eine gewisse Erkaltung und Span-
nung eingetreten sei. Die Agitation in Rumänien sei also nicht etwas
nicht Dagewesenes; auch anderwärts fänden ähnliche Agitationen in den
sogenannten unerlösten Ländern statt. In solchen Situationen sei es immer
sehr leicht, die ersten Schritte zu thun, energische Noten zu schreiben und
auf diplomatischem Wege täglich mit möglichst weitgehenden Forderungen
aufzutreten. Allein eine Macht, die auf ihre Würde halte, namentlich wenn
sie als die stärkere einer kleinen gegenüberstehe, müsse, wenn sie einmal eine
solche Stellung eingenommen habe, an dieser festhalten. Die durch die bis-
herige Erfahrung gerechtfertigte Vorgangsweise des Ministers sei, derlei
Angelegenheiten mit fortwährender Aufmerksamkeit zu verfolgen und, so
oft irgend ein neues Symptom auftaucht, sofort die betreffende Regierung
aufmerksam zu machen und Abhilfe zu fordern. Er sei überzeugt, daß
durch diese minder auffällige aber konstante Wirksamkeit sich mehr erreichen
lasse, als wenn sofort mit harten Worten und übermäßig scharf aufgetreten
werde. Dergleichen nationale Auswüchse ließen sich nicht so rasch unter-
drücken, sondern erforderten große Geduld und Ausdauer bei der Bekämpfung.
Die heutige nationale Strömung in Rumänien sei unleugbar eine ausge-
dehnte, sehr starke; sie werde gegen die dortige Regierung eben jetzt vor
den Wahlen heftig ausgebeutet; wir dürfen von der letzteren nicht ver-
langen, was sie nicht leisten kann; wir würden nur die Geschäfte der von
Demeter Sturdza geführten Opposition besorgen. Die Landkartenfrage sei
schon vor Jahren aufgetreten; damals habe es sich um Landkarten unter
wirklich amtlicher Firma gehandelt, während dieselben jetzt einen rein pri-
vaten Charakter haben. Auf die energische Einsprache der Regierung seien
sie damals zurückgezogen. Seither sei ihm eine Klage hierüber nicht zu-
gekommen. Daß solche, die unsinnigsten Grenzen enthaltende phantastische
Machwerke verbreitet würden, lasse sich absolut nicht verhindern. Wenn
hinzugefügt werde, man werde die Karten zur Wirklichkeit machen, Sieben-
bürgen und noch einiges Rumänien einverleiben, so sei dies eine Fanfaro-