Bie Gesterreichisch-Augerische Monarcie. (Oktober 2.—6.) 235
Gegen die Stimmen der Jungtschechen wird das Budget des Aus-
wärtigen angenommen und dem Minister das Vertrauen votiert.
2. Oktober. (Pest.) Budget des Auswärtigen in der Plenar-
sitzung der ungarischen Delegation.
Apponyi will das Budget bewilligen, aber dem Grafen Kälnoky
kein Vertrauen votieren, da die Resultate der äußeren Politik nicht glän-
zend seien, namentlich Rußlands Einfluß sich am Balkan zum Schaden
Oesterreichs vordränge. Für den Dreibund seien alle ungarischen Parteien.
Hierauf wird das Budget angenommen und das Vertrauen votiert.
3. Oktober. (Pest.) Österreichische Delegation. Österreich-
Ungarn und Serbien.
Pacak (Jungtsch.) verliest ein Militärabkommen zwischen Oesterreich-
Ungarn und Serbien, das im Jahre 1882 abgeschlossen sein soll, und inter-
pelliert den Minister des Auswärtigen hierüber. Kälnoky erklärt, der
Text des Abkommens sei erfunden; im Jahre 1882 sei er bereits im Amte
gewesen, habe aber ähnliches nicht abgeschlossen. Es sei möglich, daß vor
ihm eine Abmachung zur Sicherung Serbiens vorhanden gewesen sei, ohne
aber jetzt noch Gültigkeit zu haben. Eine Lächerlichkeit sei es jedoch, daß
darin etwa Serbien von Oesterreich freie Hand bezüglich Bulgariens ge-
lassen würde, wie Pacak erwähnt habe.
3./6. Oktober. (Pest.) Magnatenhaus. Gesetzentwurf über
die freie Religionsübung.
Kardinal Schlauch erklärt die kirchenpolitischen Vorlagen für den
Ruin des Staates und der Gesellschaft; die rumänischen und serbischen
Patriarchen bekämpfen ebenfalls die Kirchenpolitik der Regierung; gegen
den vorliegenden Gesetzentwurf erklärt sich auch der kalvinistische Bischof
Ssasz, der im übrigen die Kirchenpolitik der Regierung billigt. Die Vor-
lage verteidigen der Kultusminister Eötvös und dessen Vorgänger Graf
Czaky. (3. Oktober.)
Der reformierte Bischof Gabriel Pap führt aus, die Konfessions-
losigkeit sei nicht gleichbedeutend mit Glaubenslosigkeit. Die Gewissens-
und Glaubensfreiheit brauche niemand bange zu machen. Durch Gewissens-
freiheit sei noch keine Nation zu Grunde gegangen, wohl aber durch Un-
duldsamkeit und Unterdrückung von Andersgläubigen. (5. Okt.)
Die Klerikalen beantragen, daß die Anerkennung einer neuen Kon-
fession nicht der Regierung, sondern der Gesetzgebung zustehen solle. We-
kerle und Eötvös bekämpfen den Antrag, der abgelehnt wird. Hierauf
wird die Bestimmung, die Konfessionslosigkeit freizugeben, mit 122 gegen
96 Stimmen abgelehnt und endlich der ganze Gesetzentwurf mit großer
Majorität abgelehnt. Mit der Mehrheit stimmen auch viele Liberale, da
sie das Gesetz ohne die Konfessionsfreiheit nicht acceptieren wollen. (6. Okt.)
Oktober. (Wien.) Deutsche Parteibewegung. Gymnasium-
frage in Cilli.
Es wird bekannt, daß die Regierung beabsichtigt, das bisher deutsche
Gymnasium in Cilli (Südsteiermark) mit slovenischen Parallelklassen zu
versehen. Die deutsche Presse behauptet, bereits Graf Taaffe habe hierüber
Zusagen gemacht und Graf Hohenwart bestehe nun auf der Erfüllung
des Versprechens, um die sieben Slovenen seines Klubs der Koalition zu
erhalten. In der deutschen Presse, vor allem in Steiermark, wird heftig
dagegen protestiert, auch zahlreiche Volksversammlungen und Gemeindever-