Vie Gesterreichisch-Angerische Menearchie. (Oktober 16.—18.) 237
Es finden Verhandlungen mit Frankreich über die Herabsetzung
des Weingolles statt, die die österreichisch-ungarische Regierung aber nur
gegen erhebliche Zugeständnisse zugestehen will. Insbesondere verwirft sie
den von Frankreich beanspruchten Mitgenuß des Italien eingeräumten Grenz-
begünstigungsgzolles.
16. Oktober. (Wien.) Zusammentritt des Reichsrats. Budget.
Der Staatshaushalt, den Finanzminister v. Plener im Abgeord-
netenhause vorlegt, weist gegen das Vorjahr eine Erhöhung von 16.596,867 fl.
auf, die insbesondere in Mehransprüchen für die Landesverteidigung, den
Kultus und Unterricht, für die Finanzverwaltung und den Handel begrün-
det find. Das Mehrerfordernis der gesamten indirekten Abgaben beträgt
1,415,867 fl., das Mehrerfordernis des Handelsressorts 7,238,670 fl., woran
Staatsschuld, Posten, Telegraphen, Staatseisenbahnen und andere Anlagen
vornehmlich Teil haben. Die Gesamtbedeckung gegen 1894 ist um 16,731,555 fl.
höher; davon kommen auf direkte Steuern 1,183,000, Zollgefälle 1,920,103,
indirekte Ausgaben 5,071,665, ferner auf das Handelsressort 9,214,640 fl.,
darunter die ordentlichen Betriebseinnahmen der Staatsbahnen mit 5,231,850
ulden.
19. Oktober. (Wien.) Abgeordnetenhaus. Wahlreform.
Bei der Beratung des Budgets fordert Abg. Pernerstorfer die
Dringlichkeit für die Wahlreform, die abgelehnt wird. Fürst Windisch-
grätz erklärt, die Regierung setze ihre Bemühungen, mit den koalierten Par-
teien zu einer Einigung über die Wahlfrage zu gelangen, fort und hoffe
einen Entwurf noch in der gegenwärtigen Legislaturperiode vorlegen zu
können. Der Ministerpräsident ermahnt angesichts der Straßendemonstra-
tionen die Arbeiterführer entschieden zur Mäßigung und Gesetzlichkeit.
19. Oktober. (Pest.) Abgeordnetenhaus. Gesetzentwurf über
die freie Religionsübung.
Das Haus beschließt nach einer längeren Rede des Justizmin. Dr.
Szilagyi über die schädlichen Folgen des Konfessionszwanges, das Gesetz
über die freie Religionsübung dem Oberhause zur unveränderten Annahme
zurückzusenden.
20. Oktober. (Pest.) Abgeordnetenhaus. Rezeption der Juden.
Religion der Kinder.
Das Haus beschließt mit allen gegen zwei Stimmen, den Gesetzent-
wurf über die Rezeption der Juden unverändert an das Magnatenhaus
zurückzuverweisen. Das Haus nimmt ferner ohne Erörterung den vom Mag-
natenhause abgeänderten Gesetzentwurf über die Religion der Kinder an.
Oktober. (Pest.) Die liberale Partei und das Oberhaus.
Die liberale Partei beabsichtigt, falls das Magnatenhaus die Vor-
lagen auch zum zweiten Mal verwirft, im Unterhaus den Antrag zu stellen,
den Zensus der Siebenbürger Magnaten auf 2000 fl. Grundsteuer herab-
zusetzen, da gegenwärtig der Hochadel Siebenbürgens des hohen Zensus
wegen im Magnatenhaus nicht vertreten ist; dadurch würden über 30 Mag-
naten reformierter Religion ihre erblichen Sitze einnehmen. Die griechisch-
katholischen und orthodoxen Prälaten billigen die Herabsetzung des Zensus,
so daß die Annahme des Antrags im Oberhaus gesichert scheint.
28. Oktober. (Pest.) Franz Kosfsfuth.
Franz Kossuth, der Sohn Ludwig Kossuths (vgl. S. 204) nimmt