258 Großbritannien. (Oktober Anf.—27.)
Diese Nachricht erregt großes Aufsehen. In der Presse wird be-
hauptet, die Berufung sei erfolgt, um über die Sicherheit der englischen
Unterthanen in China zu beraten; nach anderen handelt es sich um die
Wahrung der englischen Interessen in Madagaskar. (Vgl. 26. Okt.)
Anf. Oktober. Verstärkung des englischen Geschwaders in
Ostasien.
6. Oktober. England und der Koreanische Krieg.
Earl of Kimberley ladet die Großmächte zu einer gemeinsamen
Intervention in Ostafrika ein. (Vgl. S. 164.) Da die Ausfsorderung er-
folglos bleibt, wird die Regierung wegen dieser diplomatischen Niederlage
von den konservativen Zeitungen scharf angegriffen.
Anf. Oktober. England und Frankreich.
In der Regierungspresse wird die definitive Schlichtung der vielen
Differenzen mit Frankreich, insbesondere in Aegypten, Siam, Madagaskar,
auf diplomatischem Wege gefordert. Der Hauptwortführer dieser Richtung
ist die Wochenschrift „The Speaker". Konservative Organe fordern in erster
Linie die Sicherung der Straße nach Indien.
10. Oktober. (Birmingham.) Chamberlains soziales Pro-
gramm.
Der Führer der liberalen Unionisten stellt in einer öffentlichen An-
sprache folgendes Reformprogramm auf: 1. Mäßigkeitsreform; 2. staatliche
Beihilfe für den Handwerker; 3. Alterspensionen; 4. staatliche Schieds-
gerichte für Arbeiterstreitigkeiten; 5. Verkürzung der Arbeitszeit in den
Werkstätten 2c.; 6. ein neues Haftpflichtgesetz, welches dem Arbeiter das
Recht gewährt, den Arbeitgeber von der staatlicherseits statuierten Haft-
dücht z entbinden, und 7. Beschränkung der Einwanderung mittelloser
usländer.
25. Oktober. (Sheffield.) Rosebery über die auswärtige
Politik.
Der Premierminister motiviert in einer Rede bei einem Bankett die
Aufforderung an die Mächte vom 6. Oktober; England könne der Auf-
lösung Chinas nicht gleichgültig zusehen. Die Frage der Intervention habe
der Ministerrat vom 4. nicht erörtert. Dem französischen Vorgehen gegen
Madagaskar werde England keine Hindernisse bereiten, da es das französische
Protektorat über die Insel anerkannt habe.
27. Oktober. (Bradford.) Rosebery über die Oberhausfrage.
Rosebery erklärt, der baldige Appell an die Wählerschaft sei unver-
meidlich, weniger wegen Homerule und der übrigen schwebenden Fragen als
wegen der Reform des Oberhauses. Die seit mehreren Menschenaltern un-
verändert gebliebene Zusammensetzung des Oberhauses sei mit den liberalen
Prinzipien unvereinbar, und es sei unhaltbar, daß die konservative Mehr-
heit der Privilegierten sich dem Willen der liberalen Volksvertretung wider-
setzten. Die Reform sei folgendermaßen zu gestalten: das Unterhaus solle
einen von der Regierung beantragten Beschluß fassen, worin die Revifion
der Verfassung gefordert und erklärt wird, daß das Unterhaus der aus-
schlaggebende Faktor der Gesetzgebung sein müsse. Dem Lande werde dann
dieser Beschluß zur Genehmigung vorgelegt werden und davon werde das
Schicksal der Oberhausfrage abhängen.