20 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 18.)
der billigeren Produktion, vor, daß dieser ausländische Wein auch zu einer
Inlandssteuer herangezogen wird. Wenn ferner gesagt ist, nicht die billigen
Weine würden im Preise steigen, sondern die teueren würden im Preise
fallen, so scheint mir das auch für die teueren Weine nicht nachgewiesen zu
sein. Wenn Sie sich gütigst vergegenwärtigen wollen, daß ein Wein, der
unter der Kelter 50 M. Fakturapreis kostet, also eine Steuer nur von 7½ pCt.
pro Liter trägt, erst bei einem Fakturapreis, bei einem Kelterpreis von
70 M eine Steuer von 10 ½ pCt. und bei einem Preise von 100 M. erst den
vollen Steuersatz von 15 pCt. für das Liter trägt, wenn Sie sich ferner ver-
gegenwärtigen wollen, welche Wandlungen der Preis der Weine durch die
Erziehung, durch die Kellerbehandlung erfährt, so, glaube ich, liegt gerade
für die edleren Gewächse die Gefahr nicht vor, daß es infolge einer solchen
Steuer wirklich unlohnend erscheinen könnte, überhaupt edlere Gewächse zu
ziehen, und daß eine solche Steuer eine Einwirkung üben könnte nach der
Richtung, daß der Preis der edleren Gewächse fällt. Meine Herren, ich
glaube aber auch, dieser Gesetzentwurf hat den Vorzug, daß der Wein, in-
soweit er wirklich Volksgetränk ist, insoweit er unter der Fünfzigmarkgrenze
liegt, einheitlicher gefaßt wird. In Württemberg wird jetzt beispielsweise
ja eigentlich nur der billige Wein besteuert; denn Württemberg erhebt nur
eine Ausschanksteuer von dem in Wirtshäusern ausgeschänkten Wein, und
Sie werden mir zugestehen, daß in den Wirtshäusern vorzugsweise der bil-
lige Wein konsumiert wird; denn gerade das Wirtshauspublikum dürfte
am wenigsten in der Lage sein, sich Wein in den Kellern auf Vorrat zu
legen. Auch in Baden wird thatsächlich zu der Accise noch eine Ausschank-
steuer, ein Weinohmgeld von zwei Drittel der Hauptsteuer erhoben. In
Württemberg ist sogar der Wein für Privatkonsum, der sogenannte Axwein,
soweit er in einem Quantum über 20 Liter gekauft wird, von der Besteue-
rung ganz frei. Ich glaube also, durch dieses Weinsteuergesetz wird ent-
gegen dem bisherigen Zustande in Weinländern auch teuerer Wein, der den
Charakter eines Luxusgetränks hat, angemessen besteuert, und der billige
Wein einheitlich von der Steuer gefaßt. Meine Herren, wenn das richtig
wäre, daß die Steuer auf den Produzenten abgewälzt wird, dann müßte ja
das Land, in welchem der ordinäre Wein bei weitem am hoöchsten besteuert
ist, im Vergleich mit anderen Ländern verhältnismäßig den billigsten Wein
haben. Nun ist in Württemberg, wie ich die Ehre hatte Ihnen nachzuweisen,
gerade der Wein jetzt am höchsten besteuert; durch die Einheitssteuer im Ver-
gleich mit dem Kellerpreise ist er besteuert mit 20 bis 25 pCt. seines Wertes.
In Baden ist er schon niedriger besteuert, ebenso im Elsaß; in der bayeri-
schen Rheinpfalz trägt er gar keine Steuer Wenn Sie nun aber die Preise
des Weins, wie sie sich beispielsweise in Baden gestalten, mit den Preisen
des Weins in Württemberg vergleichen, so werden Sie finden, daß gerade
in Württemberg, wo der Wein zur Zeit die höchste Steuer trägt, verhältnis-
mäßig auch die Preise am höchsten sind, höher als in Baden, Bayern und
Elsaß-Lothringen. Also die Schlußfolgerung ist nicht erwiesen durch die
Thatsachen, daß eine höhere Besteuerung in diesem Umfange geeignet wäre,
den Preis des Weines herabzudrücken. Meine Herren, ich komme zu den
Weingroßhändlern. Es ist ausgeführt worden, daß ja besonders die Groß-
händler durch diese Weinsteuer schwer bedrückt würden. Ich habe, soweit
diese ganzen Bestrebungen sich gegen das Weinsteuergesetz geltend gemacht
haben, das Gefühl, daß das Großkapital, wie es im Handel, und nament-
lich im Großhandel, angelegt ist, bei der ganzen Opposition eine recht er-
hebliche Rolle gespielt hat. Es ist ausgeführt worden, der Großhändler
wäre ja jetzt gezwungen, sofort Kleinhändler zu werden, denn er könnte
noch nicht Weinquanten unter 10 Liter verkaufen, und jeder Großhändler