Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder (Januar 18.) 21
wäre gezwungen, auch einmal in so kleinen Quantitäten zu verkaufen; wäre
er der Kleinhändler, dann müßte er sofort sein ganzes Lager versteuern,
was sehr wertvolle Weine enthielt, die eine jahrelange Kellerbehandlung
bekommen müßten, um wirklich zu ihrer vollen Blüte gebracht, in ihrem
Werte vollkommen ausgebildet zu werden. Ich bemerke zunächst, daß das
Gesetz ausdrücklich zuläßt, daß unter gewissen Umständen auch dem Groß-
händler gestattet werden kann, kleine Quanten, d. h. Quanten unter 10 Liter
zu verkaufen. Ich möchte mich aber bezüglich dieses Einwandes auch berufen
auf eine Erklärung, die der bayerische Landtagsabgeordnete Herr Dr. Dein-
hardt in Deidesheim abgegeben und die wirklich außerordentlich charakteri-
stisch und treffend ist. Herr Dr. Deinhardt hat auf der großen Versamm-
lung der Weininteressenten gesagt: „Der deutsche Weinhändler ist im all-
gemeinen Großhändler in kleinen Weinen und Kleinhändler in großen
Weinen.“ Dieselbe Auffassung ist uns mitgeteilt worden bei der Vorbe-
ratung des Gesetzes von den Vertretern der Hansastädte, als es sich um die
Nachbesteuerung des eingekellerten Weines gehandelt hat. Was will dieser
Ausspruch des Herrn Dr. Deinhardt sagen? Er will sagen, daß auch unsere
Großhändler überwiegend in ihren Kellern die billigeren Weine haben, die
eine verhältnismäßig kürzere Kellerbehandlung erfordern und schnell kon-
sumiert werden, daß sie dagegen Kleinhändler in wirklich edlen Weinen
sind, daß die Quote ihres Bestandes, die die edlen Weine enthält, eine
verhältnismäßig kleine ist. Wird also selbst der Großhändler durch die
Geschäftsweise genötigt, sich als Kleinhändler anzumelden, meine Herren,
so wird der Steuervorschuß, den er zu leisten hat, kein so erheblicher sein.
Zunächst kann er den überwiegenden Teil seiner Weine auf steuerfreies
Lager bringen; es tritt ja dann erst die Besteuerung ein, wenn er den
Wein dem steuerfreien Lager entnimmt. Ferner ist in dem Gesetz stipuliert
eine sechsmonatige Kreditfrist, und andererseits wird der Händler den über-
wiegenden Teil seines Weinbestandes schnell zum Verkauf bringen. Der-
jenige Wein, der lange im Keller lagert, der also lange den Steuervor-
schuß tragen muß, bildet nur, wie gesagt, eine verhältnismäßig geringe
Quote des Gesamtlagers. Es ist auch gegen das Gesetz Front gemacht
worden vom Weinhandel und von der Weinproduktion deshalb, weil aus-
geführt ist, die Preise würden gedrückt werden. Ich muß nun sagen: ich
glaube, daß darin, daß der ausländische Wein der Inlandssteuer unter-
worfen ist und der Kunstwein auch einer energischen Steuer unterliegen soll,
der deutsche Wein einen entschiedenen Schutz erhält. Nach dem Katalog, der
von Deutschland aus in Bezug auf unsere Weinproduktion und unseren
Weinhandel auf die Chicagoer Ausstellung geschickt ist, ergibt sich, daß
z. B italische Weine verzollt pro Hektoliter franko Pfalz nur 22 bis 25 M.
pro Hektoliter kosten. Darin kann ja unter Umständen eine sehr bedenk-
liche Konkurrenz liegen — während unsere Weine nach diesem selben Katalog
pro Hektoliter durchschnittlich 57 M, kosten. In Frankreich wird angenom-
men, daß der Preis eines Hektoliters Wein durchschnitttich nur 16 M. kostet
und in Spanien durchschnittlich sogar nur 7 M. Wenn wir nun diese nur
mit einem Zoll belegten billigen Weine auch noch mit einer inneren Steuer
belegen wollen, so scheint mir hier in der That ein Schutz der heimischen
Industrie vorzuliegen. Ich möchte nun mit ein paar Worten auf die
Frage der Besteuerung des Schaumweins und Kunstweins kommen, und
zwar besonders deshalb, weil es ja unter Mitgliedern des hohen Hauses,
die im allgemeinen der Weinsteuer nicht freundlich gegenüberstehen, doch
solche gibt, die vielleicht ein Kompromiß auf der Grundlage einzugehen ge-
neigt sein würden, daß nur der Schaumwein und Kunstwein der Besteue-
rung unterworfen sein würde. Ich will mit der Erlaubnis des Herrn