Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zehnter Jahrgang. 1894. (35)

Uebersicht 
der politischen Entwickelung des Jahres 1894. 
Allge- Die politische Lage in Europa hat sich im Jahre 1894 kaum 
ein verändert. Der Dreibund besteht nach wie vor, und auch die ihm 
wärtige feindlichen Mächte befinden sich in demselben Verhältnis wie früher, 
Politik sowohl untereinander wie der Tripelallianz gegenüber. Hierin hat 
auch der Thronwechsel in Rußland keine Anderung geschaffen. In 
den letzten Jahrgängen des Geschichtskalenders ist wiederholt dar- 
gelegt worden, daß die Wahrung des europäischen Friedens wesent- 
lich von Rußland abhängt; es wäre Alexander dem III. ein leichtes 
gewesen, durch das Versprechen der Hilfeleistung die Franzosen zum 
Angriff auf Deutschland zu reizen und damit einen Weltkrieg zu 
entzünden. Da er es unterließ, ist die Erhaltung des Friedens 
sein Werk; die Motive, die ihn dabei leiteten, kennen wir freilich 
nicht: vielleicht waren es politische Erwägungen, vielleicht auch das 
Gefühl, einem solchen Weltkampfe nicht gewachsen zu sein. Das 
Verhältnis zwischen Rußland und Deutschland also ist für die 
Sicherheit des Friedens entscheidend; solange Rußland mit Deutsch- 
land keinen Krieg will, wird ihn auch Frankreich unter normalen 
Umständen nicht machen, und Rußland wird andererseits der Balkan- 
verhältnisse wegen nicht mit Österreich brechen, um Deutschland 
nicht zum Kriege zu zwingen. Das relativ freundschaftliche Ver- 
hältnis zwischen Rußland und Deutschland nun hat sich im letzten 
Jahre nicht verschlechtert, sondern durch den Abschluß des russi- 
schen Handelsvertrages eine entschiedene Besserung erfahren. Wie
	        
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