Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zehnter Jahrgang. 1894. (35)

26 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Januar 19—20.) 
niedriger veranschlagt sind, der Ueberschuß doch nur 15,108,740 M., d. h. 
um 2,650,422 M. weniger als im laufenden Jahre beträgt. 
Der Etat der Staatsschuldenverwaltung weist eine Einnahme von 
298,700 M., eine Ausgabe von 282,309,810 M. (+ 2,870,760) auf, der 
Zinsenzuwachs, welcher bei der dreiprozentigen Anleihe hinzukommt, be- 
läuft sich auf 4,2 Millionen. Zur Verzinsung der bis zum Schlusse des 
Jahres 1894/95 noch auszugebenden Staatsschuldverschreibungen ist eine 
Summe 1,9 Millionen oder 1,5 Millionen weniger als im Vorjahre ein- 
gestellt. Die gesamte Staatsschuld wird sich für das Etatsjahr auf 
6,371,504,353,83 M. belaufen. Die Gesamtausgabe für dieselbe (Ver- 
zinsung, Tilgung- Renten (Verwaltungskosten u. s. w.) beläuft sich auf 
282,309, 810 M. (+ 2,870,760). 
Der Etat der allgemeinen Finanzverwaltung beläuft sich in der 
Einnahme auf 335,252,575 M. (+ 23,463,583). Die Summe der Ausgaben 
beziffert sich auf 354,820,758 M. (+ 38,577,820). 
Die Gesamteinnahmen der Eisenbahnen sind auf 963,751,676, d. h. 
25,019,595 M. höher als im laufenden Etat, die dauernden Ausgaben auf 
868,431,355 M., d. h. um 4,455,646 M. niedriger als pro 1893/94 ver- 
anschlagt. 
Bei der allgemeinen Finanzverwaltung ist eine Mehreinnahme von 
11,063,583 M. eine Mehrausgabe von 38,577,820, bei den eigentlichen Staats- 
verwaltungen eine Mehreinnahme von 4,949,340 M. eine Mehrausgabe von 
11,151,606 M. veranschlagt. (Vgl. 11. April.) 
Finanzmin. Miquel sagt am Schluß seiner Etatsrede: Indem ich 
Ihnen nunmehr den Etat übergebe, glaube ich nicht, daß, selbst wenn die 
Beschlüsse des Reichstages eine Verbesserung des finanziellen Verhältnisses 
mit sich brächten, diese Beschlüsse schon auf den vorliegenden Etat ein- 
wirken könnten. Verschiedene der dort vorgeschlagenen Steuern werden eine 
Wirkung auf das folgende Etatsjahr gar nicht haben. Soweit aber auch 
eine günstige Wirkung eintreten könnte, wird es immer noch möglich sein, 
sie am Schlusse unserer Beratungen im Anleihegesetz zu berücksichtigen. 
Wir haben uns bei unserem Etat an den letzten Reichsetat gehalten. Wir 
wollen hoffen, daß die Folgerungen aus den Beschlüssen des Reichstages 
für uns recht günstige Folgen haben. 
Hierauf legt der Landwirtschaftsmin, v. Heyden  den Gesetz- 
entwurf über die Einführung der Landwirtschaftskam- 
mern vor. 
Es soll in der Regel je eine Kammer für die Provinz errichtet 
werden; ihre Aufgabe ist die Beratung der Regierung in landwirtschaft- 
lichen Dingen und Mitwirkung bei der Verwaltung der Märkte und Pro- 
duktenbörse. Ferner kann sie Beiträge bis zu 1 pCt. des Grundsteuerrein- 
ertrages ausschreiben. Ihre Mitglieder werden durch indirekte Wahl von 
den Grundbesitzern gewählt; das Wahlrecht richtet sich nach dem Grund- 
steuerreinertrage des Wählers oder Wahlmannes. 
19./20. Januar. (Reichstag.) Fortsetzung der Debatte 
vom 18. über die Weinsteuer, gegen die sich fast alle Redner erklären. 
Abg. Payer (Vp.) behauptet, bei den Vorverhandlungen über 
Württembergs Beitritt zum Deutschen Reiche im Nov. 1870 sei erklärt 
worden, das Reich werde von seiner Befugnis den Wein zu besteuern mit 
Rücksicht auf die Weinländer keinen Gebrauch machen. Hierauf antwortet 
Württembg. Ministerpräsident v. Mittnacht: Der Herr Vorredner hat 
eben vorhin eines Umstandes Erwähnung gethan, der schon bei der Kon-
	        
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