42 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Jan. 31.—Febr. 1.)
Standpunkt stehen, daß eine Scheidung zwischen den Finanzen der Einzel-
staaten und des Reiches politisch und finanztechnisch notwendig ist, trifft
dieses Bild nicht zu. Die verbündeten Regierungen sind der Ansicht, daß
dieses Finanzreformgesetz eine weise haushälterische Maßregel ist, und die
Reichsfinanzverwaltung ist der Ansicht, daß dieses Reichs-Finanzgesetz ein
notwendiger Regulator für das Reichsfinanzwesen überhaupt ist. (Bravo!
rechts.)
Gegen die Vorlage erklären sich u. a. Rickert (frs. Vgg.), Richter
(frs. Vp.), Schädler (Z.), während sie v. Kardorff (Rp.), Graf Lim-
burg-Stirum (Dk.) und Finanzminister Dr. Miquel verteidigen.
31. Januar. Der „Staats- und Reichs-Anzeiger“ veröffent-
licht folgenden Erlaß des Kaisers an den Reichskanzler:
„Beim Eintritt in ein neues Lebensjahr war es Mir durch Gottes
Gnade vergönnt, zugleich auf eine fünfundzwanzigjährige Zugehörigkeit zur
Armee zurückzublicken. Waren es auch ernste Gedanken, welche Mir in der
Erinnerung an den weihevollen Tag Meines Eintritts in die Armee die
hehren Gestalten Meines Mir allzu früh entrissenen Hrn. Vaters und Meines
unvergeßlichen Hrn. Großvaters besonders lebendig vor Augen führten, so
wurde Ich doch hoch beglückt durch die mannigfachen Beweise treuer Liebe
seitens des deutschen Volks, welches mit seinen erlauchten Fürsten darin
wetteiferte, Mich an Meinem doppelten Festtage zu ehren und zu erfreuen.
Zahlreicher noch als sonst sind die schriftlichen und telegraphischen Glück-
wünsche, welche Mir von nah und fern zugegangen sind. Eine innige Be-
friedigung gewährte es Mir, aus denselben wahrzunehmen, wie die von
allen patriotisch fühlenden Herzen Meinem Feste entgegengebrachte freudige
Teilnahme durch den Mir gewordenen Besuch des um Kaiser und Reich so
hochverdienten Staatsmannes noch eine besondere Steigerung erfahren hat.
Indem Ich Allen, welche Mir bei dieser Gelegenheit so liebevolle Aufmerk-
samkeit erwiesen haben, auf diesem Wege Meinen tiefgefühltesten Dank aus-
spreche, gebe Ich gern Meiner freudigen Zuversicht in die friedliche und
segensreiche Weiterentwicklung unseres teuern Vaterlandes Ausdruck. Ich
ersuche Sie, diesen Erlaß zur öffentlichen Kenntnis zu bringen.
Berlin, den 31. Januar 1894.
An den Reichskanzler. Wilhelm. I. R.“
1. Februar. (Kolonialpolitik.)
Die Budgetkommission des Reichstages genehmigt gegen die
Stimmen der Freisinnigen und Sozialdemokraten den Antrag Arenberg
betreffend die Beseitigung der Hindernisse für die Ausbildung der in den
deutschen Kolonien wirkenden Väter vom heil. Geist. Der Antrag Gröber,
die Regierung um Einbringung eines Gesetzentwurfes zur Bestrafung des
Sklavenraubes und Sklavenhandels zu ersuchen, wird einstimmig ange-
nommen.
1. Februar. (Reichslande.)
Unterstaatssekretär v. Schraut erklärt im Landesausschuß, Elsaß-
Lothringen müsse 2,900,000 M. mehr an das Reich zahlen und, falls die
Tabaksteuer verworfen werde, mit direkten Steuern einspringen. Die Mehr-
belastung verhindere gemeinnützige Unternehmungen und störe die begonnene
Reform der direkten Steuern.
2. Februar. (Kolonialpolitik.)
Der Dirigent der Kolonialabteilung Wirkl. Geh. Leg. Rat Dr. Kayser