Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Februar 5.) 43
verurteilt in der Budgetkommission des Reichstags scharf den durch die
Hamburger Firma Woelber und Brohm getriebenen Sklavenhandel.
5. Februar. (Kamerun.)
Das „Berl. Tagbl.“, publiziert „Tagebuchblätter eines deutschen
Kolonisten“, die heftige Angriffe gegen den Kanzler Leist in Kamerun
enthalten.
Anfang Februar. (Aufstand in Kamerun.)
Das „Kolonialbl.“ publiziert in einer Extranummer den amtlichen
Bericht des Kanzlers Leist über den Aufstand in Kamerun. Leist
führt den Aufstand auf die Unzufriedenheit der Dahomehs mit ihrer Be-
zahlung zurück. Da sie von Gravenreuth 1891 aus der Sklaverei Behan-
zins freigekauft und durch das deutsche Gouvernement vor dem Tode durch
Hunger und Krankheiten errettet seien, hätten sie nicht die Löhnung der
übrigen Polizeitruppe (20 M. als Rekrut, später 30 M. monatlich) erhalten,
seien aber reichlich verpflegt und nicht selten beschenkt worden. Ein wei-
terer Grund zum Aufstand seien vermutlich die Verhetzungen der Dahomeh-
weiber, von denen einige wegen ihrer grenzenlosen Faulheit mit einigen
Hieben hätten bestraft werden müssen.
In der Budgetkommission des Reichstages erfährt Leists Bericht durch
Prinz Arenberg (Z.) und Bebel (Soz.) starke Angriffe. Ebenso wird die
Verwaltung des Hrn. v. Francçois in Südwestafrika abfällig kritisiert, den
Herr v. Marschall verteidigt.
In der Presse werden aus Anlaß dieser Vorgänge lebhafte Klagen
über „Assessorismus“ und „Militarismus“ in der Kolonialverwaltung laut;
zugleich wird eine selbständigere Stellung der Kolonialabteilung gefordert.
5. Februar. (Reichstag.) Etatsberatung. Herzog von Ko-
burg. Vgl. 21. Januar.
Abg. Friedberg (nl.) befragt den Reichskanzler über die Stellung
des Herzogs von Koburg.
Reichskanzler Graf v. Caprivi: Der Herr Vorredner hat im
letzten Teil seiner Rede eine prinzipielle Frage gestellt, dahin gehend, ob
es überhaupt zulässig sei, daß ein Ausländer einen deutschen Thron be-
steige. — wenn ich ihn recht verstanden habe. Auf diese prinzipielle Frage
einzugehen, liegt ein praktischer Grund zur Zeit nach keiner Richtung vor,
und ich sehe auch nicht, woher in absehbarer Zeit ein Motiv kommen sollte
das uns nötigte, uns mit dieser Frage zu beschäftigen. (Sehr richtig!)
Im Uebrigen liegt die Sache formal ganz klar. Es ist nach Landes-
und Fürstenrecht zunächst zu entscheiden, ob die Thronfolge in einem ein-
zelnen deutschen Lande in dieser oder jener Weise zu regeln ist. Ist sie
dann geregelt, so präsentiert das Land oder sein neuer Souverän einen Be-
vollmächtigten zum Bundesrat, und es ist dann Sache des Bundesrats, zu
entscheiden, ob dieser präsentierte Bevollmächtigte de jure in der Lage ist,
das Land zu vertreten. Das ist eine Auffassung, die nicht erst jetzt ange-
nommen, sondern die schon von meinem Herrn Amtsvorgänger in den
Akten — immer nur als theoretische Betrachtung möglicher künftiger
Fälle — niedergelegt worden ist. Ich glaube, ich kann es mir bei dieser
Sachlage versagen, auf die prinzipielle Zukunftsfrage einzugehen: ich will
aber noch ein paar Worte über die momentan akut gewesene Frage, die
der Souveränetät im Herzogtum Koburg-Gotha hinzufügen.
Es ist nach meinem Dafürhalten zweifellos und, wenn ich recht ver-
standen habe, auch von dem Herrn Vorredner nicht bestritten worden, daß
Se. königl. Hoheit der Herzog von Koburg-Gotha zur Zeit rechtmäßiger