Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Februar 21.—22.) 69
ordentliche Plenarversammlung des deutschen Handelstages nimmt folgende
Resolution an: „Der Handelstag begrüßt mit großer Genugthuung und
Freude den lange ersehnten Abschluß des Handels- und Schiffahrtsvertrags
mit Rußland, welcher durch seine zehnjährige Dauer den wirtschaftlichen
Beziehungen zu Rußland die nötige Stabilität gewährt. Der Handelstag
erklärt das schleunigste Inkrafttreten des Handelsvertrags für ein dringen-
des Bedürfnis und würde in der Ablehnung desselben eine schwere Schädi-
gung weiter Kreise des Vaterlandes, sowie einen verhängnisvollen wirtschaft-
lichen und politischen Fehler erblicken."
Auch der Zentralverband deutscher Industrieller spricht
sich für den Vertrag aus.
21. Februar. (Kameruner Aufstand.) Der „Reichs-Anz.“
veröffentlicht den Bericht des Kommandanten der Hyäne, Kap.-Lints.
Reincke, über die Niederwerfung des Kameruner Aufstandes am 21.
und 22. Dezember 1893.
22. Februar. (Berlin.) Zusammentritt der Kommission
behufs Erörterung von Maßregeln zur Hebung und Befestigung
des Silberwertes.
Mitglieder: Dr. Arendt, Dr. Bamberger, Generalsekretär H. A.
Bueck, Rechtsanwalt und Bankdirektor Büsing, Dr. Hammacher, v. Kardorff,
Koenigs, Direktor des Schaaffhausenschen Bankvereins Köln (Rhein), Ge-
heimer Bergrat Leuschner, Professor Dr. Lexis in Göttingen, Professor Dr.
Lotz in München, Arnold Otto Meyer sen. in Hamburg, Graf v. Mirbach,
Bankdirektor Neustadt, Generalkonsul Russel, Frhr. v. Schorlemer-Alst,
Dr. Moritz Stroell, Direktor der Notenbank in München.
Kommissarien: Für das Reichsschatzamt Geh. Oberregierungsrat
Dr. v. Glasenapp, für die Reichsbank Geh. Oberfinanzrat Hartung, für
das Statistische Amt Geh. Regierungsrat Herzog, für das preußische Handels-
ministerium Geh. Oberregierungsrat Dr. Ullmann, Geh. Oberbergrat und
Direktor der Bergakademie Dr. Hauchecorne und Regierungsrat Lusensky,
für das landwirtschaftliche Ministerium Geh. Regierungsrat Dr. Wentzel,
für das Finanzministerium Regierungsrat v. Günther; für das Königreich
Bayern Ministerialrat Dr. Frhr. v. Stengel, für das Königreich Sachsen
Geh. Hof- und Bergrat Prof. Dr. Zirkel und für das Königreich Württem-
berg Bergrat und Münzwardein Dr. Klöpfel.
Die Sitzungen eröffnet Reichsschatzsekretär Graf Posadowsky: „Meine
Herren! Namens des Herrn Reichskanzlers habe ich die Ehre, Sie zu be-
grüßen und Ihnen zu danken, daß Sie seinem Rufe Folge geleistet haben.
Die Reichsregierung, in besonderer Berücksichtigung der neuerlichen Vor-
gänge auf dem Gebiet des indischen und amerikanischen Münzwesens, ver-
schließt sich nicht der Erkenntnis, daß die seit etwa 20 Jahren eingetretene
fortgesetzte starke Entwertung des Silbers, welches bis dahin seit Beginn
des Jahrhunderts neben dem Gold ohne wesentliche Schwankung des gegen-
seitigen Wertverhältnisses als Münzmetall gedient hatte, auch für Deutsch-
land, namentlich für seine Silbervorräte, für seine im Umlauf befindlichen
Silbermünzen, für seinen Bergbau und für seine Handelsbeziehungen von
weittragender Bedeutung ist. Obgleich Deutschland sich im sicheren Besitz
der Goldwährung befindet, erkennt die Reichsregierung doch in der zuneh-
menden Silberentwertung eine ernste wirtschaftliche Frage, die eingehender
Prüfung bedarf. In dieser Erkenntnis war schon im Laufe des vorigen