Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Februar 24.) 73
erst verabschiedete. Ich kann nur Bezug nehmen auf § 7 des Reichsmilitär-
gesetzes, wonach, glaube ich, hier darüber nichts beschlossen oder beraten
werden kann, unter welchen Umständen ein Offizier zu verabschieden oder
noch länger zu konservieren ist. Meines Wissens sind die Gründe, aus denen
Jemand verabschiedet wird, verschiedener Natur. Es ist auch nicht richtig,
wenn Herr Abg. Bebel glaubt, daß alle diese Offiziere direkt verabschiedet
werden. Sie suchen ihren Abschied selbst nach, meist in der Erkenntnis,
daß sie den ihnen gestellten Aufgaben nicht mehr gewachsen sind. So wird
es vorkommen, daß ein Offizier seinen Abschied nachsucht 1 1½ Jahr, nach-
dem er Generalmajor oder Oberst geworden ist. Ein Anderer hat in diesen
Chargen nur ½ Jahr gedient. Daraus geht doch nur hervor, daß bei dem
Einen die Motive früher vorgelegen haben müssen, als bei dem Anderen.
Warum soll es auch nicht vorkommen, daß, wenn Jemand ein vorzüglicher
Regimentskommandeur gewesen ist, er sich als Generalmajor überzeugt, daß
er der Brigadeführung nicht gewachsen ist? Ebenso wird es vorkommen,
daß ein vorzüglicher Brigadier in der Stellung als Divisionskommandeur,
wo an ihn andere Pflichten, z. B. die der Gerichtsherrlichkeit der Manöver-
leitung u. s. w. herantreten, zu der Ueberzeugung kommt, daß er sich der
Sache nicht gewachsen hält. Sodann sagte der Herr Abgeordnete, mit den
Gesundheitsverhältnissen wäre es in der Armee so ausgezeichnet. Das ist
richtig, daß für die Mehrzahl der Mannschaften die Armee eine gesunde
Schule ist und auch die Offiziere sich zum Teil sehr wohl dabei befinden.
Das kann ich aber nicht unbedingt zugeben, daß dies bei allen älteren Offi-
zieren zutrifft. Ich habe gefunden, daß gerade unter diesen Herren gewisse
Leiden, wie Rheumatismus, sich weit häufiger einstellen, als bei anderen
Klassen der Bevölkerung. — Zum Schluß hat der Herr Abg. Bebel damit
argumentiert, daß im Frieden eine Menge rüstiger Leute entlassen würden,
die im Kriege wieder zur Anstellung gelangten. Ja, nach meinen Erfah-
rungen werden diese inaktiven Offiziere zwar im Kriegsfalle herangezogen
sie melden sich ja auch meistens freiwillig, denn wenn Not am Mann
ist, ist es in Deutschland Brauch, daß Jeder, der noch seine Glieder rühren
kann, mit ins Feld rückt —, aber wir nehmen diese Offiziere meist nicht in die
Front, in das aktive Heer, sondern in Stellungen, in denen sie geringeren
Anforderungen nachkommen können. Der Herr Abg. Bebel hat vielleicht
übersehen, daß wir im Kriegsfalle eine große Anzahl stellvertretender Be-
hörden schaffen müssen, zu denen gerade diese inaktiven Offiziere heran-
gezogen werden, wie zu stellvertretenden kommandierenden Generalen, stell-
vertretenden Chefs des Generalstabs, stellvertretenden Adjutanten u. s. w.
Gerade im Kriegsfalle gebrauchen wir ein ganzes Heer von solchen inaktiven
Offizieren. Woher sollen wir die nehmen, wenn Alles in der Armee bliebe?
Ich glaube also, unsere inaktiven Offiziere sind ein ganz wertvolles und
unentbehrliches Material für Kriegsfälle. — Hiernach muß ich die Ausstel-
lungen, die der Herr Abg. Bebel in Bezug auf das Avancement von Offi-
zieren gemacht hat, als unbegründet zurückweisen. (Beifall.)
24. Februar. Auf dem Festmahle des Brandenburgischen
Provinziallandtages erwidert der Kaiser auf eine Ansprache
des Oberpräs. v. Achenbach:
„Verehrter Herr Oberpräsident! Ich spreche Ihnen Meinen herz-
lichsten, innigsten Dank aus für die freundlichen Worte, die Sie im Namen
der Provinz Brandenburg an Mich gerichtet haben. Aus Ihren Worten
klang der Ruf: „Hie guet Brandenburg allewege!“ heraus, und an diesen
Ruf schließt sich wohl der andere, der Schildruf Meiner Vorfahren: „Hie