Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (April 3.—6.) 101
und Genuß trinke.“ Der Fürst spricht sodann über das Verhältnis der
deutschen Stämme zu einander und schließt: „Die Deutschen sind doch wie
das Ehepaar in dem Moliereschen Stücke, ich glaube es heißt Le médscin
malgré — wir find immer miteinander im Kampf wie das Ehepaar, die
miteinander unverträglich sind, aber sobald sich ein Dritter einmischt, wird
die Sache so, daß er froh ist, wenn er mit heiler Haut davon kommt. Und
so ist es bei uns Deutschen auch gewesen: die französische Provokation war
eine von Gott gesandte Wohlthat, die uns einig machte. Der Sieg, der
uns verliehen worden ist und daß er gemeinschaftlich erfochten worden ist
und daß Jeder sagen kann, Ich war auch dabei und mit dem Blute meiner
Ssen das Reich auch gekittet worden, ist eine Gabe Gottes. Gott
erhalte es so!“
3. April. (Kiel.) Der Kaiser wohnt dem Stapellauf eines
Panzerschiffes bei, dem er den Namen „Agir“ gibt.
4. April. (Berlin.) Eine außerordentliche Versammlung
des Handelstages erklärt sich gegen jede Anderung der Gold-
währung und gegen den Antrag Kanitz.
5. April. (Preußen.) Der Justizminister erläßt eine all-
gemeine Verfügung zur Verminderung des Schreibwerks bei den
Justizbehörden.
5. April. Der „Reichs-Anzeiger“ bringt folgenden kaiser-
lichen Dankerlaß anläßlich der Bismarckfeier:
Seiner Majestät dem Kaiser und König find aus Anlaß der Feier
des 80. Geburtstages des Fürsten Bismarck, Herzogs von Lauenburg, zahl-
reiche Huldigungstelegramme von Festversammlungen und Vereinen, von
städtischen Behörden und einzelnen Personen zugegangen. Seine Maojestät
haben diese Kundgebungen, deren Beantwortung im einzelnen unmöglich ist,
mit Genugthuung entgegengenommen und Allerhöchstihre Freude über diesen
Ausdruck patriotischer Gesinnung zu erkennen gegeben.
5. April. (Friedrichsruh.) Fürst Bismarck sendet dem
Oberbürgermeister Zelle für die Gratulation des Berliner Magi-
strats folgendes Dankschreiben:
„Friedrichsruh, den 5. April 1895.
Eurer Hochwohlgeboren sage ich für die warme und ehrenvolle Be-
grüßung, die ich in so glänzender Ausstattung durch Ihre freundliche Ver-
mittelung zu meinem Geburtstage erhalten habe, meinen verbindlichsten
Dank, und bitte den Ausdruck desselben den Herren vom Magistrat über-
mitteln zu wollen. Der Glückwunsch des Magistrats der Residenzstadt hat
mich um so wohlthuender berührt, als mich an Berlin und seine Bevölke-
rung alle Erinnerungen meiner Jugend und meiner amtlichen Thätigkeit
knüpfen, und Berlin für mich mehr als meine Geburtsstätte eine Heimat
geworden ist, in der ich die meisten und wichtigsten Jahre meines ver-
gangenen Lebens zugebracht habe. Ich freue mich, unter den wohlwollen-
den Begrüßungen, die mir von allen Wohnplätzen deutscher Landsleute zu-
gehen, insbesondere die unserer Haupt= und Refidenzstadt zu erhalten.
v. Bismarck.
6. April. Geipzig.) Prozeß Leist (vgl. 1894 S. 164).