244 Greßbriiannien. (September 2. —Oktober 30.)
Danach werden die verschiedenen militärischen Abteilungen unter den Ober-
befehlshaber und vier andere Offiziere gestellt, welche, ein jeder für seine
Abteilung, dem Kriegsminister unmittelbar verantwortlich sind. Sie bilden
unter Vorsitz des Oberbefehlshabers eine Körperschaft zur Begutachtung ge-
wisser Fragen. Diese Körperschaft kann durch Hinzuziehung des Unter-
staatssekretärs und des Finanzsekretärs des Kriegsamtes sowie etwaiger
speziell berufener Offiziere zu einem Rat erweitert werden unter dem Vor-
sitz des Kriegsministers, dessen Entscheidungen endgültig find und der allein
dem Parlament verantwortlich ist. (Vgl. hierzu Englische Ansichten über
Kriegführung und Landesverteidigung: „Preuß. Jahrb.“ Bd. 82 S. 343).
2.—5. September. (Cardiff.) Kongreß der Gewerkvereine.
344 Vertreter von ungefähr 1 Mill. Arbeitern beschließen die Aus-
schließung der Nichtarbeiter und stoßen die Norwicher kollektivistische Prin-
zipienerklärung (vgl. 1894 S. 257) wieder um. Die radikal-sozialistische
Richtung bleibt in den Beratungen in entschiedener Minderheit.
5. September. Vertagung des Parlaments.
29. September. England richtet ein Ultimatum an China
wegen Ermordung englischer Missionare (vgl. Afien).
19. Oktober. England richtet ein Ultimatum an Venezuela
und fordert Entschädigung für die Mißhandlung der englischen Be-
amten im Januar (vgl. Süd-Amerika).
Oktober. England und Rußland in Ostasien.
Die „Times“ bringt solgende Meldung aus Hongkong: „Durch den
jüngst zwischen Rußland und China geschlossenen Vertrag erlangt Rußland
das Recht für seine Flotte, in Port Arthur zu ankern, ferner die Berechtigung
unter russischer Verwaltung eine von Nertschinsk direkt nach Wladiwostock über
chinesisches Gebiet gehende Eisenbahn mit einer Zweigbahn von Tsitsihar
nach Port Arthur zu bauen und zu betreiben, nebst anderen Handels-
vorteilen, auf welche die Meistbegünstigungsklausel nicht anwendbar ist.
China behält sich das Recht vor, die Eisenbahn nach zwanzig Jahren zu
einem später festzusetzenden Preise anzukaufen."
Diese Nachricht ruft in England die größte Erregung hervor. Die
„Times"“, „Pall Mall Gazette“, „Standard“", „St. James Ga-
zette“ u. s. w. fordern, daß die Regierung im Bunde mit Japan sich der
Ausführung dieses Vertrages sich mit Gewalt widersetze und rechnen dabeie
auf den Beistand Deutschlands. Allmählich, da Rußland den Vertrag ab-
leugnet, läßt die kriegerische Stimmung nach; vielfach wird angenommen,
daß die Meldung der Times ein Fühler war, um Europa zu sondieren.
Ende Oktober. Anf. November. Heftige Preßfehde zwischen
Rußland und England über die türkische Frage (vgl. Rußland).
30. Oktober. (Watford.) Lord Salisbury über die
innere Lage.
Der Lord führt aus, die hauptsächlichste innere Frage, vor die die
Regierung gestellt sei, sei die Besserung der sozialen Zustände und die Lage
der Landwirtschaft das erste Interesse, dem die Aufmerksamkeit gebühre.
Das Sinken der Preise sei die Folge des Freihandels: es habe die Land-
wirtschaft in mehreren Grafschaften nahezu vernichtet.