286 Kußland. (März 20. — April.)
20. März. Der deutsche Botschafter General v. Werder
wird abberufen, was in der russischen Presse außerordentlich be-
dauert wird.
März. April. Geheimes Sendschreiben an den Zaren.
In Rußland wird ein geheimes Sendschreiben an den Zaren ver-
breitet, in dem seine Worte über die Aufrechterhaltung der Autokratie leb-
haft kritisiert werden. Der Zar sei durch die Bureaukratie über die öffent-
lichen Zustände und die Wünsche des Volkes getäuscht worden, da die Be-
amten mit dem Aufhören der Autokratie ihre Autorität zu verlieren fürch-
teten. Die intelligenten Kreise würden den Kampf gegen diese Staatsform
nie aufgeben.
1. April. Alkoholmonopol.
Der Staatsrat genehmigt die Inkraftsetzung des Monopols für den
Verkauf von Alkohol in 25 Gouvernements zu zwei verschiedenen Zeitpunkten.
Der erste Termin ist der 1./13. Januar 1896.
6. April. (Petersburg.) Wyschnegradski, bis 1892
Finanzminister, ## (vgl. 1892 S. 298).
Anfang April. ÖOstseeprovinzen.
Die livländische Ritterschaft richtet an den Kaiser eine unterthänigste
Denkschrift über die Schul-, Kirchen= und Sprachverhältnisse der Ostsee-
provinzen. Der Zar verspricht dem Ueberbringer General v. Richter wohl-
wollende Prüfung.
Anfang April. Der Zar schenkt dem Fürsten von Monte-
negro 30 000 Gewehre und anderes Kriegsmaterial.
19. April. (Petersburg.) Petition um Abänderung des
Preßgesetzes.
Auf eine von 70 Vertretern der Presse und Litteratur unterzeichnete
Eingabe wegen Abänderung der Preßgesetze ist die kaiserliche Entscheidung
ergangen, daß der Eingabe keine Folge zu geben sei, nachdem die zu ihrer
Prüfung aus den Ministern für Justiz und Inneres, sowie dem Oberpro-
kureur des Synods zusammengesetzte Kommission sich gegen die Eingabe aus-
gesprochen hatte.
April. Rußland und der japanisch-chinefische Krieg. Friedens-
bedingungen, Intervention.
Die russische Presse spricht einstimmig ihre Beunruhigung wegen der
Erwerbungen Japans in Länderbesitz aus. Die „Nowoje Wremja“ sagt,
Rußland dürfe keine Gebietsabtretung im Norden des Golfes Petschili dul-
den; Japan könne sich Wei-Hai-Wei und was es sonst im Süden wünsche,
nehmen, aber nicht im Norden des Golfes. Die „Nowosti“ würden die
Berufung einer Konferenz der Großmächte verlangen, aber sie zweifeln an
der Solidarität derselben und glauben, daß das Ultimatum einer einzigen
Macht genügen würde, Japan zu Zugeständnissen zu bewegen. Der „Swet“
verlangt einen Ausgleich durch russische Besitzergreifung eines Teiles der
Mandschurei bis an die natürliche Gebirgsgrenze und eines Stückes von
Korea mit dem Fort Lazaren.
Ueber das Einverständis zwischen Deutschland Frankreich und Ruß-
land bezüglich des Friedensvertrags von Shimonoseki erklärt die „Nowoje