Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Februar 20.) 49
bringen werde, während die Berliner 14 Mill. betrug. Abg. v. Eynern
(nl.) hält die Vorlage für eine schwere Schädigung des Geschäftslebens).
Der Gesetzentwurf geht an eine Kommission von 21 Mitgliedern.
20. Februar. (Reichstag.) Jesuitengesetz. Verfassungsrecht-
liche Anträge. Lage der weiblichen Fabrikarbeiter.
Der Antrag Hompesch (Z.) auf Beseitigung des Jesuitengesetzes
wird ohne Debate mit großer Mehrheit angenommen.
Es folgt die zweite Beratung des Antrages Pachnicke, Ancker
und Auer (vergl. 35, 43). Abg. Richter (frs. Vp.) greift die mecklen-
burgische Verfassung heftig an, insbesondere die strelitzische, deren Finanz-
verwaltung äußerst verbesserungsbedürftig sei. Abg. v. Buchka (kons.) und
der mecklenburgische Bevollmächtigte v. Oertzen verteidigen den Rest des
patriarchalischen Regiments in Mecklenburg, während Abg. Pachnicke auf
die allgemeine Unzufriedenheit in Mecklenburg mit den bestehenden Verhält-
nissen hinweist.
Der Antrag Auer wird gegen die Stimmen der Sozialdemokraten
abgelehnt, der Antrag Ancker gegen die der Sozialdemokraten und Frei-
sinnigen, der Antrag Pachnicke gegen die genannten und einen Teil der
Nationalliberalen und Antisemiten.
Es folgt die erste Beratung des Antrags Hitze (Z.), Erhebungen
anzustellen über die Wirkungen der Fabrikarbeit auf die Arbeiterinnen
und ihre Familien, und möglichste Beschränkung der Arbeitszeit für weib-
liche Arbeiter anzustreben. Staatssekretär v. Bötticher: der Antragsteller
verfolge dieselben Ziele wie die Regierungen. Sie hätten bereits die Ge-
werbeaufsichtsbeamten aufgefordert, nach einem bestimmten Schema sich über
die Lage der Arbeiter genau zu orientieren und der Reichsregierung Mit-
teilung zu machen. Zunächst sollten die einzelnen Gewerbe, in denen die
grellsten Mißstände hervorgetreten seien, untersucht werden, da eine allge-
meine Enquete zu weitläufig sein würde. Abg. Schall (kons.) äußert seine
Sympathie zu dem Antrage und betont, daß die Frau vor allem ins
Haus gehöre, nicht in die Fabrik. Nach der Erklärung des Ministers sei
hürk d Antrag nicht zeitgemäß, und die Konservativen lehnten ihn des-
alb ab.
20. Februar. (Berlin.) Der brandenburgische Provinzial-
landtag beschließt die Einrichtung einer Landwirtschaftskammer.
20. Februar. (Württemberg.) Der König eröffnet in
Stuttgart den Landtag. Thronrede. Etat.
In der Thronrede heißt es nach der „Köln. Ztg.“: Unter den Vor-
lagen tritt die Feststellung des Staatshaushalts für die beiden nächsten
Jahre in den Vordergrund. Trotz der Einhaltung der umsichtigen Spar-
samkeit zeigt der Abschluß der Voranschläge für die neu zu beginnende
Finanzperiode vorläufig einen größeren Fehlbetrag, der hauptsächlich ver-
anlaßt ist durch die steigenden Ausgaben für die Verzinsung und Tilgung
der Staatsschuld und für die erhöhten Leistungen für das Reich. Die Vor-
schläge wegen Ausgleichung des Fehlbetrages bleiben vorbehalten. Zunächst
ist der Erfolg der fortgesetzten Bemühungen der verbündeten Regierungen
abzuwarten für eine mäßige Vermehrung der eigenen Einnahmen des
Reiches die Zustimmung des Reichstages zu erlangen. Angekündigt werden:
Eingreifende Reformarbeiten auf dem Gebiete des Finanzwesens, insbesondere
ein Gesetzentwurf, betreffend die Einführung einer allgemeinen progressiven
Einkommensteuer mit Freilassung der kleinern Einkommen und Erlaubnis
Europ. Geschichtskalender. Bd. XXXVI. 4